Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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Bauwerken betheiligten Arbeiter, Handwerker und Lieferanten durch gewissen- 
lose Unternehmer um den Lohn ihrer Leistungen gebracht werden, hat be- 
kanntlich schon wiederholt die legislativen Körperschaften und den Deutschen 
Juristentag, sowie weite wirthschaftliche Kreise beschäftigt, welche Schutz- 
gesetze zu Gunsten der Bauhandwerker und Lieferanten (nicht aber auch 
Arbeiter) gefordert haben. Das obige Werk zeigt nun, dass in Amerika 
dieselbe wirthschaftliche Erscheinung beobachtet ist. Sie wurde zunächt bei 
Tiefbauten fühlbar, indem Eisenbahn- und Hafenbauunternehmer die verfüg- 
baren Mittel für sich verbrauchten, während die Arbeiter und Unterunter- 
nehmer unbezahlt blieben, um später in das Gebiet des Hochbaues über- 
zugreifen. Schon zu Beginn des 19. Jahrh. wurde in dem Lien ein Gegen- 
mittel gefunden. Sein Wesen, seine geschichtliche Entwickelung im Zeiten- 
verlaufe und in den verschiedenen Staaten Amerikas bis auf die Neuzeit, 
seine wirthschaftliche Bedeutung darzustellen, ist die Aufgabe der Arbeit, 
welche als durchweg gelungen bezeichnet werden kann. 
Nachdem die rechtlichen und wirthschaftlichen Grundlagen (S. 5-91) 
vorangeschickt sind, wird (S. 92—407) das amerikanische Schutzrecht syste- 
matisch durgestellt, um schliesslich seine Wirkungen und Erfolge zu erörtern 
(S. 408—480). Nach dem Verf. deckt sich der Begriff des Liens mit dem 
Zurückbehaltungsrechte des gemeinen Rechtes (S. 95) und ist das Hand- 
werker-Lien (Mechanics Lien) „das gesetzliche dingliche Recht des Bau- 
gläubigers an einer unbeweglichen Sache, das bestimmt ist, dessen persön- 
lichen Anspruch für die vertragsgemässe Ausführung der ihren Werth er- 
höhenden Lieferungen und Leistungen zu sichern“ (S. 98). Innerhalb der 
Gesetzgebung der verschiedenen Staaten sind zwei Gruppen zu unterscheiden. 
Die eine gewährt dem Unterunternehmer ein eigenes Lien am Gebäude 
(Pennsylvania-Lien), die andere (New-Yorker) bloss die bedingte Befugniss, 
in die Rechte des Hauptunternehmers einzutreten. Mithin ist dort der 
Arbeiter mehr geschützt als hier, wo ihm durch schnelles Erheben des be- 
dungenen Preises der Unternehmer den Gegenstand der Befriedigung leicht 
entziehen kann. Dagegen hat das Pennsylvania-System vielfache Unzuträg- 
lichkeiten mit sich gebracht, weshalb der Verf. nur das New-Yorker für 
durchführbar erklärt (S. 178). 
Das mit grossem Fleisse sachkundig und übersichtlich verfasste Werk 
wird somit für Alle, welche den Schutz der Baugläubiger anstreben, als werth- 
voller Beitrag zu bezeichnen sein, um ihre Wünsche zu unterstützen. Um- 
gekehrt werden aber auch die Gegner aus demselben zum Nachweise im 
Stande sein, dass die amerikanischen Schutzrechte nicht vermocht haben, 
den Bauschwindel zu verhüten und dass gerade die Arbeiter (mithin die wirth- 
schaftlich Schwächsten) es sind, welche schutzlos bleiben, indem die ihnen 
günstigen Einrichtungen des Pennsylvania-Systems immer mehr verschwinden. 
Eine Lösung der sozialen Frage ist also in Amerika bisher nicht gelungen: 
Deutschland wird schwerlich glücklicher sein.
	        
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