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Absicht, die im Weltverkehr entstehenden Kollisionen zu heben oder wenig-
stens einzuschränken. Da indessen jeder Staat das Recht hat, ganz ent-
gegengesetzte Prinzipien zu sanktioniren, entsteht sehr häufig das umgekehrte
Resultat: Die gegen die Kollisionen statuirten Normen erzeugen oft Kollisionen
und führen direkt dazu“ (S. 24). Dem zur Abwendung dieser bedenklichen Folge
von ihm befürworteten „kosmischen“ Standpunkte von Wissenschaft und
öffentlichem Rechte leistet der Verf. durch seine im Vorstehenden be-
sprochene Schrift gleichwie durch seine bisher entfaltete eifrige wissenschaft-
liche Tbätigkeit sehr werthvolle Dienste. Es könnte nur von Vortheil sein,
wenn seinen mehrfachen Anregungen die verdiente Beachtung zu Theil
würde. In letzterer Hinsicht seien hier nur seine Vorschläge erwähnt,
durch internationale Uebereinkunft auch die Fragen des Gerichtsstandes zu
regeln (S. 32) und in den einzelnen Staaten Spezialkommissionen für das
internationale Privatrecht einzurichten, an welche um Auskunft sich zu
wenden namentlich die Gerichte Gelegenheit hätten (S. 33f.).
Leipzig. Klein.
H. Geffcken, Die Verfassung des Deutschen Reiches. Leipzig,
A. Deichert’sche Verlagsbuchhandlung (Georg Böhme), 1901. 124 S.
8°. M. 2.50.
Das Buch ist ein Abdruck von sechs „Hochschulvorträgen für das
bürgerliche Leben“, die der Verf. an der Rostocker Universität gehalten
hat. In ihnen giebt er eine kurze Uebersicht über die ganze deutsche
Reichsverfassung. Wie er im Vorwort sagt, waren die Vorträge vorwiegend,
wenn auch nicht ausschliesslich, für das gebildete Laienpublikum berechnet.
Gleichwohl findet auch der Fachkundige manche neue Gedanken; freilich
sind es solche, die zum Widerspruch reizen.
Meistens der in der Literatur herrschenden Meinung folgend, entwirft
er in grossen Zügen und in fesselnder Darstellung ein Bild von der recht-
lichen Natur des Reiches, vom Reichsgebiet und Reichsvolk, von den Reichs-
organen (Kaiser, Bundesrath, Reichstag und Reichsbeamten), endlich von der
staatsrechtlichen Stellung Elsass-Lothringens und der Schutzgebiete.
Vollkommen abweichend von der herrschenden Lehre ist die Darstel-
Jung, die dem „Träger der deutschen Reichsgewalt“ gewidmet ist. Auf S.43
sagt der Verf., Träger der Reichsgewalt sei nicht das Reich, „sondern eine
von diesen verschiedene Korporation, die ihre Mitglieder in den Trägern der
partikularen Staatsgewalten des Reiches finde, also in den 22 Bundesfürsten
und den 3 Körperschaften der Hanseatischen Bürgerschaften*. Organe
dieses Trägers seien Kaiser und Bundesrath (S. 44). Prüfen wir diese An-
sicht auf ihren juristischen Gehalt. Der Staat ist eine juristische Person des
öffentlichen Rechts. Das giebt auch der Verf. aufS.9 zu und bekennt sich