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Der Stellung DERNBUR@’s, welcher das Recht der Ehe, der väter-
lichen Gewalt und der Vormundschaft unter dem Titel „Familien-
recht“ mit Rücksicht auf das gemeinsame persönliche Abhängig-
keitsverhältnis und die Gleichartigkeit des historischen Aus-
gangspunktes vereinigt, folgt das neue Recht, indem es die Vor-
mundschaft dem Familienrecht einreiht.
Wenn an sich die äussere Regelung der Platzfrage einer
Vorschrift im Rechtssystem selbst in denjenigen Fällen für die
Rechtsnatur der Bestimmung nicht entscheiden kann, in welchen
der Gesetzgeber durch das Sammelwort der Ueberschrift oder
vermittelst gelegentlicker Bemerkungen über die dogmatische
Natur der Sätze Ansichten zu äussern scheint, so gilt dies in
erhöhtem Masse von der neuen Kodifikation, welche „grundsätz-
lich“ nur das „bürgerliche Recht“ regelt. Diese Abweisung
jedes der Punkte, welche in dem geschlossenen Bau des Rechts-
systems das private und das öffentliche Recht innig verbinden,
ercheint nicht folgerichtig, wenn man erwägt, dass die Kodi-
fikation nach Art. 32 E.-G. sich in aufhebender Richtung auch
auf Vorschriften von teilweise öffentlich-rechtlichem COharakter”?
erstreckt, andererseits ihrem Inhalt nach für die Zukunft Rechts-
gebiete regelt, die nicht nur nach dem Wortlaut und Geiste
des (Gresetzes sowie nach dem Sinne der übereinstimmenden An-
sichten in sämtlichen Vorarbeiten und Vorverhandlungen nicht
dem bürgerlichen Rechte, sondern auch nach den Worten der
Motive dem öffentlichen Rechte allein angehören.
Die Bestimmung und Abgrenzung letzteren Gebietes hat
man unter Aufrechterhaltung des Standpunktes, welcher schon bei
der Beratung der Reichsjustizgesetze zur Ablehnung jeder Defi-
nition führte, auch nunmehr der Wissenschaft und der Entschei-
rechts gewürdigt wurde. Auch MEyeEr’s Aufsatz über die Zwangsgewalt
in STEnGEL’'s Lexikon Bd. II S. 1008 gedenkt trotz seiner allgemeinen Fassung
nicht der seitherigen Zwangsgewalt des Vormundschaftsrichters.
"8. Motive 8. 147.
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