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Stellung des Vormundschaftsrechtes bei dem öffentlichen
Recht in T. II Titel 18 des L.-R. Diese Grundlage des Prin-
zips staatlicher Anordnung und Aufsicht wurde von der preussi-
schen Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875 nur fortgesetzt,
jedoch unter Betonung der selbständigen Stellung des Vormundes,
auch unter scharfer Trennung der väterlichen und vormundschaft-
lichen Gewalt. Das Reichsrecht knüpfte hieran aufs engste an,
vermehrte jedoch die Aufsicht und schuf die elterliche Gewalt.
Dass BORNHAK noch in dem Aufsatze der Annalen, 1899, 8. 341
in dem Familienrecht den Zwang zur Geltendmachung der Rechte
vermisst, ist befremdend, wenn man bedenkt, dass die Aus-
führung des Reichsrechtes nach der vollziehenden Gewalt des
Vormundschaftsgerichtes in dem R.-G. f. F. G. vom 17. Mai_1898
staatliche Zwangsgewalt in einer geradezu überwältigenden Fülle
enthält und dem Obervormund wie dem Vormunde zur pflicht-
schuldigen Ausübung aller dem Mündel gehörigen Rechte eine
weitgehende vollziehende Gewalt verliehen st. Wenn sich die
Natur dieser Gewaltverhältnisse hinter dem harmlosen Namen
einer „freiwilligen Gerichtsbarkeit“ verbirgt, so gehört dies nur
zu den vielen Anomalien äusserlicher Art, die der Gesetzgeber
trotz rechtzeitiger Beanstandung zu beseitigen leider unterliess®!. Es
ist in bestimmten Einzelfragen der Entwickelungsgang in der Be-
gründung und Ausdehnung staatlichen Schutzes genau verfolgbar,
so dass gerade das Ausführungsrecht innerhalb der reichs- und
landesrechtlichen Kompetenz eine Steigerung der zunächst nach
Landesrecht bestimmbaren öffentlich-rechtlichen Gewalt bewirkte,
welche in den Dienst des Schutzes und der Ueberwachung bei
der Vollziehung reichsrechtlicher Grundgedanken gestellt. wurde.
Als Beispiel, wie selbst das Erbrecht mit der Vormundschaft
durch gemeinsame staatliche Schutzpflichten verbunden ist, darf
hier. kurz die Entwickelung des $ 2259 berührt werden. Die
31 Vgl. hierüber die treffenden Bemerkungen, die Jastrow schon im
A.f.b. R. Bd. XI S. 332 machte.
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