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rechtes verfolgen, in welchem im Gegensatz zu seitherigem Rechte
sehr oft zur Vollziehung der behördlichen Verfügung die Ge-
walt an Stelle des Rechtsweges gesetzt ist. Indem wir in
dieser Frage auf Abschnitt III dieser Abhandlung verweisen,
erscheint es vor Feststellung des Schlussergebnisses noch ange-
zeigt, auf drei Erwägungen von besonderer Bedeutung für die
Rechtsqualität des Vormundschaftsrechtes hinzuweisen:
I. Wenn die privatrechtliche Theorie, von BORNHAK ab-
gesehen, den Nachdruck auf das unmittelbare Interesse
des Einzelnen, das allein gewahrt werde, legt, so kann sie
niemals die Thatsache eines seit Urzeiten bestehenden Sonder-
rechtes erklären, welches von jeher die Grundzüge des privat-
rechtlichen negotiorum gestio verneinte. Sollte es aber selbst ge-
lingen, gemeinsame Momente beider Rechtsinstitute plausibel
zu machen, so kann doch deshalb allein von dem Nachweise
eines privatrechtlichen Charakters keine Rede sein. Ist doch nach
nunmehr unbestrittener Erkenntnis eine ganze Reihe von Ma-
terien beider Rechtsgebiete, dem privaten und öffentlichen
Rechte gemeinsam. Ebenso wie der Staat in Gebieten, die
unzweifelhaft seinem Hoheitsrechte unterworfen sind und dem
ersten Teile des Staatsrechtes angehören, mit Einzelnen in der
Rolle eines gleichberechtigten Kontrahenten Rechtsverhältnisse
begründen kann, ebenso können Normen, die im Privatrechte
ihre Ausbildung erfuhren, im Gebiete des öffentlichen Rechtes
im Falle ihrer Anpassungsfähigkeit angewandt werden. In beiden
Fällen wird weder das Hoheitsrecht des Staates noch die Quali-
tät des öffentlichen Rechtes beseitigt.
II. Nicht nur die geschichtliche Entwickelung hat den Cha-
rakter der vormundschaftlichen Amtsgewalt gefestigt. Diese hat
vor allem durch das positive neue Recht eine Abgrenzung :nach
Inhalt und Wirkung erfahren, welche die Gemeinsamkeit .der
Rechtsbeziehungen mit dem Staatsamt. im engsten Sinne, auch
mit dem richterlichen Amt des Obervormundes klar ersehen lässt,