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Abgesehen von der Frage der Trennung der Einzel- und Ge-
meininteressen ist die Ansicht, welche die Vormundschaft von der
Rechtsqualität des Familienrechtes mit Rücksicht auf ihre Ersatz-
funktion abhängig macht, und sie deshalb infolge des privat-
rechtlichen Charakters des Familienrechtes dem Privatrecht zu-
teilt, nicht haltbar angesichts des neuen Rechtes. Spricht doch
dieses in Uebereinstimmung mit allen Vorarbeiten ein Abhängig-
keitsverhältnis dahin aus, „dass die elterliche Gewalt in ihrer
wesentlichen Grundlage noch als eine vormundschaftliche im
modernen Sinne der Vormundschaft, d.h. als ein dem In-
teresse. des Kindes dienendes Schutzinstitut* *!' aufzufassen ist.
Kann aber nach dem neuen Rechte, seiner Tendenz und dem
Wortlaut der Motive der öffentlich-rechtliche Charakter der Vor-
mundschaft als Vorbild der elterlichen Gewalt nicht ge-
leugnet werden, so muss umgekehrt auch das Elternrecht, so
weit es dem unmittelbaren Einflusse der Vormundschaft unter-
liegt, gleichfalls als Bestandteil des öffentlichen Rechtes anerkannt
werden. Insoweit jedoch auch im neuen Rechte die Betonung
auf die Ersatzfunktion des vormundschaftlichen Amtes im Inter-
esse eines intensiven familienrechtlichen Schutzes gelegt wird,
gehört dieses vormundschaftliche Verhältnis von familienrecht-
lichem Charakter im Sinne der Theorie BOrRNHARK’'s gerade
im neuen Rechte nur dem öffentlichen Rechte an, da in diesem
Teile des Familienrechtes die staatliche Zwangsgewalt zur Aus-
übung der Rechte den beherrschenden Grundzug darstellt. Im
übrigen bedarf die Feststellung der Rechtsqualität eines einzelnen
Anspruchs in dem weiten Gebiete des reinen Eherechtes, des
ehelichen Güterrechtes und des nicht dem Vormundschaftsrecht
unmittelbar unterliegenden Elternrechtes besonderer Untersuchung.
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#0 Diese Ansicht vertritt auch in seinem Staatsrecht Bd. IV S. 163
-BORNHAK für das alte Vormundschaftsrecht.
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