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Formen der Begründung. Wird die Bahnlinie von der Stelle
verlegt oder sonst aufgehoben, so würde das für eine wirklich
begründete civilrechtliche Dienstbarkeit kein Grund des Unter-
ganges sein. Hier aber verschwindet damit Alles; es bleibt kein
Recht der Eisenbahn an diesem Boden übrig. Was ihr zustand,
war ein auf der Projektgenehmigung beruhendes Recht zu be-
sitzen Öffentlich-rechtlicher Art; mit der Aenderung des Projekts
und ihrer Durchführung geht dieser Besitz und sein Recht von
selbst zu Grunde ®®,
Insofern eine derartige Aenderung nicht vorauszusehen ist
und das gemeinsame Stück Boden so ganz vorzugsweise der
Eisenbahn dient, mag es angemessen erscheinen, dass diese Eigen-
thümerin davon werde. Man wird vielleicht geneigt sein, bei der
Gemeinde, dem Kreis u. s. w. die Abtretung zu erwirken gegen
eine angemessene Entschädigung. Das ist Abtretung eines öffent-
lichen Weges. Aehnlich kann es ja auch vorkommen, wenn eine
neuangelegte Chaussee einen Gemeindeweg kreuzt. Die Form
dafür giebt nicht der civilrechtliche Kauf, sondern die admini-
strative Vereinbarung zwischen den beiden Rechtssubjekten öffent-
licher Verwaltung?*. Das Ergebniss wird dann sein: öffentliches
Eigenthum der: Eisenbahnverwaltung, belastet gemäss dem ge-
nehmigten Bahnprojekt mit dem beschränkten Mitbesitz des Wege-
berechtigten, der seinerseits seinen Weg nur mehr auf dem
Titel eines öftentlich-rechtlichen Besitzes behält. Wird dann später
die Eisenbahn verlegt oder schlechthin aufgehoben, so bleibt der
Eisenbahnverwaltung dieses Stück als civilrechtliches Eigenthum,
das sie gegenüber dem fortbestehenden Wege nicht heraus-
verlangen kann; sie wäre aber befugt, von dem Wegeberechtigten
25 FERAUD-GIRAUD 1.c. n. 187: „la voirie vicinale conserve un simple
droit de passage“ ..... „elle reprendrait la pleine propriete, la libre posses-
sion, si cette affectation cessait“.
” Ueber die rechtliche Natur solcher Vereinbarungen vgl. Deutsches
Verw.-R. Bd. II S. 430 ff.