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Im Falle einer Wegeüberführung mit Wegeverlegung wird
die Bahn den bisherigen Weg an irgend einer anderen Stelle
unterbrochen und das alte Wegegelände dem Bahnkörper ein-
verleibt haben. Das kümmert uns hier nicht weiter. An der
Stelle, wo die Wegeüberführung eingerichtet ist, hat die Bahn den
Grund und Boden erworben. Der Bahnkörper bildet also ein un-
unterbrochenes öffentliches Eigenthum des Eisenbahnunternehmens,
ausschliesslich beherrscht von der Bahnpolizei. Oben auf der
Brücke, die quer darüber wegführt, gebietet ebenso ausschliess-
lich die gemeine Wegepolizei. Zum Wege gehört auch das Bau-
werk, das ihn trägt. Alles dieses steht im öffentlich-rechtlichen
Besitz des Wegeberechtigten. Das öffentliche Eigenthum, in
welchem die Erdoberfläche steht, enthält, wie das civilrechtliche,
ein Verbietungsrecht gegenüber der Inanspruchnahme des darüber
befindlichen Luftraumes®®, Dieses Verbietungsrecht ist hier ein-
geschränkt zu Gunsten des Wegeberechtigten. Die behördliche
Genehmigung der Ueberbrückung ist die Rechtsgrundlage seines
Besitzrechtes. Für das öffentliche Eigenthum bedeutet das eine
öffentlich-rechtliche Beschränkung. Diese Beschränkung geht
noch weiter, insofern die Wegebrücke sich nicht mit dem
Luftraum begnügt, sondern Stützen sucht auf dem Bahngebiete
selbst: eiserne oder steinerne Pfeiler werden auf den Bahnkörper
gestellt neben die Geleise, die Böschungen zur Aufmauerung der
Seitenpfeiler verwendet. Die Rechtsnatur des Verhältnisses ist
dafür die nämliche.
Die beiden Machtgebiete schieben sich hier also nicht in
einander wie beim Planübergang, wo dann einfach die Eisenbahn-
» O.-V.-G.29. Mai1895: Der Luftraum über öffentlichen Strassen bildet
als solcher einen Gegenstand des Privatrechts. Die Stadt kann daher als
Eigenthümerin ihrer öffentlichen Strasse gegen die Seitens der Polizeibehörde
genehmigte Anbringung von Erkern vorgehen. — „Privatrechtlich“ ist das
alles natürlich nicht; vgl. die grundsätzliche Würdigung der Frage in Deutsch.
Verw.-R. Bd. II 8. 150 Note 4.
Archiv für öffentliches Recht. XVI. 2. 15