Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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ist. Der guten Ordnung entspricht es, dass dieser Grund und 
Boden dem Wegeberechtigten zu Eigenthum abgetreten wird, 
ganz ebenso wie wir oben bei der Wegeüberführung ohne seitliche 
Verlegung verlangten, dass der Eisenbahn der bisherige Strassen- 
boden abgetreten werde, auf dem jetzt ihr Geleise liegt??. Wird 
nicht danach verfahren, so entsteht wieder die verwickelte Rechts- 
gestalt: die Eisenbahn hat civilrechtliches Eigenthum am Grund 
und Boden, der Wegeberechtigte ist daran im Öffentlich-recht- 
lichen Besitze für seinen Weg, und dieser wieder ist beschränkt, 
öffentlich-rechtlicher Weise, zu Gunsten des Besitzes der Eisenbahn- 
verwaltung am Ueberführungsbauwerke mit seinem Schienenweg. 
Ill. Wir haben im Bisherigen eine Reihe von Einzel- 
erscheinungen zusammengestellt; daran sind nun noch einige Be- 
merkungen allgemeinerer Art zu knüpfen. 
1. Es wurde in unseren Ausführungen mehrfach mit dem 
Begriffe „öffentlich-rechtlicher Besitz“ gearbeitet; was da- 
#9 Die Eisenbahnverwaltungen gehen darauf aus, überall wo ihre An- 
lagen erscheinen, das unbegrenzte Recht über das betreffende Stück Erd- 
ball zu haben; sie wollen da sein, wie das französische Sprüchwort sagt: le 
proprietaire du ciel et de l’enfer. Das ist die Denkweise des privatrecht- 
lichen Grundherrn. Die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen stehen fest ge- 
nug auf ihren eigenartigen Besitzständen. Das eisenbahnrechtliche Wege- 
veränderungsrecht kümmert sich, wie wir gesehen haben, um die Ordnung 
der Eigenthumszuständigkeit gar nicht. Die Reichseisenbahnen führten ein- 
mal einen lebhaften Kampf mit dem Bezirkspräsidenten des Öberelsass um 
die Frage, ob sie das Eigenthum an einer unterführten Strasse auf der 
Linie Mühlhausen-Basel abtreten sollten. Nach dem Obigen war der Be- 
zirkspräsident im Recht. Aber wir meinen das nicht in dem Sinn, dass ein 
formeller Rechtsanspruch auf die Abtretung bestanden hätte. Die öffentlich- 
rechtlichen Ordnungen, die hier maassgebend sind, verhalten sich, wie ge- 
sagt, gleichgültig gegen diese Frage. Man kann nur sagen: es ist richtiger, 
schicklicher, dass die Sache so eingerichtet werde, dass der Wegeherr auch 
Eigenthümer ist. Zwischen Verwaltungen ist das aber eine ausreichende 
Norm für das, was sie thun sollen; zwischen Privaten giebt es nur erzwing- 
bare Rechtspflichten und lediglich moralische Pflichten; das hier ist ein 
Mittelding. In der allgemeinen Rechtslehre wäre wohl auch einmal daran 
zu denken, Wir wollen hier noch darauf zurückkommen,
	        
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