— 236 —
giebt sich aus der Natur der Sache. Die Reichsbehörde, indem
sie vorschreibt, dass und wie sie zu erfüllen sei, ist gebunden
durch einen Naturrechtssatz. Sie hat viel freien Spielraum; aber
es giebt immer die Möglichkeit, einen Punkt zu bestimmen, von
dem man behaupten kann: darüber hinaus liegt die Rechts-
widrigkeit.
Umgekehrt hat die Bahnverwaltung Anspruch darauf, dass
die Gemeinde die fertiggestellten Ersatzwege übernehme und
sie von der weiteren Sorge dafür entlaste.. Das Gleiche gilt von
den Eisenbahnzufuhrwegen und Bahnhofvorplätzen, sobald sie
thatsächlich dem allgemeinen Verkehr dienen. Je nach der Ge-
setzgebung ist ein Zwang gegen die Gemeinde überhaupt nicht
möglich, oder wenn er möglich ist, wird er von einer Wegepolizei-
behörde oder Gemeindeaufsichtsbehörde geübt (oben S. 208). Erstere
sieht vielleicht ihr Verkehrsinteresse besser gewahrt, wenn die
Bahn den Weg behält, letztere bedenkt, dass die Gemeinde arm,
die Bahn reich ist. Die Verwirklichung ist auf diese Weise for-
mell nicht gesichert. Und doch ist ein Stück Rechtsordnung in
Frage, das sich von selbst ergiebt aus der Natur der beider-
seitigen Aufgaben; dem entspricht ein Recht der Bahn auf
Uebernahme; es geschieht ihr Unrecht, wenn die Gemeinde nicht
übernimmt. Wenn gar nichts weiter vorgesehen ist zum Schutz,
wirkt immer noch die naturalis obligatio kräftig genug, dass die
(remeinde sich auf die Dauer ihrer Pflicht nicht entzieht.
Die Bahn kann ihren Schienenweg auf dem Boden der bis-
herigen Strasse angelegt haben, umgekehrt auf ihrem Eigenthum
einen Eirsatzweg, einen Wegedurchlass gewährt, eine Brücke ge-
baut haben für die Wegeüberführung, welche die Gemeinde that-
sächlich benützt. Eigenthum und Polizeibesitz sind getrennt.
Die öffentliche Sache will aber öffentliches Eigenthum sein; das
ist ihre natürliche Bestimmung, alles Andere ist nur Nothbehelf.
Daraus ergiebt sich keinerlei Rechtspflicht im Verhältniss zwischen
der öffentlichen Verwaltung und dem Privateigenthum. Aber