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treten. Die in seiner Amtspflicht liegende Sorgfalt besteht so-
wohl dem Staate als auch dem Rechtsuchenden gegenüber. Mit
der Unabhängigkeit der Gerichte und den Grundsätzen über die
Rechtskraft hielt man es aber für nicht vereinbar, den Spruch-
richter für jedes Versehen haftbar zu machen. Deshalb be-
stimmte der Entwurf in Uebereinstimmung mit dem preussischen
Recht, dass der Richter, soweit es sich um die Leitung oder Ent-
scheidung einer Rechtssache handelt, nur verantworlich sein
sollte, wenn er das Recht gebeugt oder eine sonstige mit einer
im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden Strafe
bedrohte Pflichtverletzung begangen hätte. Auf eine pflichtwidrige
Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amtes sollte
diese Vorschrift keine Anwendung finden“. Durch diese vom
Entwurf gewählte Fassung wurde also die eigentlich richterliche
der sonstigen Thätigkeit .des Richters, wie Registerführung, Ju-
stizverwaltungsgeschäfte etc., entgegengesetzt. In der zweiten
und dritten Beratung im Plenum des Reichstags kam die Im-
munität der Richter wieder zur Sprache, und man nahm die von
Gröber beantragte Fassung an, nach der die Sonderstellung des
Richters, „das Privilegium für Pflichtverletzungen im Amte“, auf
das möglichst enge Mass eingeschränkt werden sollte, d. h. den
Vorschlag, die Worte „Leitung und Entscheidung“ zu ersetzen
durch „Urteil“. Die Ausnahmestellung des Richters beschränkt
sich also in Strafsachen auf Endurteile, in Civilsachen auf End-,
Teil- und Zwischenurteile; sie besteht nicht bei der Leitung der
Verhandlung und bei der Erlassung derjenigen Entscheidungen,
die nicht Endurteile sind; für eine in jenen begangene Fahrläs-
sigkeit kann er haftbar gemacht werden.
Die Pflichtverletzung kann auch von einem Kollegialgericht
ausgegangen sein. Hier fragt es sich, ob nur die schuldigen
Mitglieder oder alle diejenigen, die an der betreffenden Ver-
#8 Denkschrift.