Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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treten. Die in seiner Amtspflicht liegende Sorgfalt besteht so- 
wohl dem Staate als auch dem Rechtsuchenden gegenüber. Mit 
der Unabhängigkeit der Gerichte und den Grundsätzen über die 
Rechtskraft hielt man es aber für nicht vereinbar, den Spruch- 
richter für jedes Versehen haftbar zu machen. Deshalb be- 
stimmte der Entwurf in Uebereinstimmung mit dem preussischen 
Recht, dass der Richter, soweit es sich um die Leitung oder Ent- 
scheidung einer Rechtssache handelt, nur verantworlich sein 
sollte, wenn er das Recht gebeugt oder eine sonstige mit einer 
im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden Strafe 
bedrohte Pflichtverletzung begangen hätte. Auf eine pflichtwidrige 
Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amtes sollte 
diese Vorschrift keine Anwendung finden“. Durch diese vom 
Entwurf gewählte Fassung wurde also die eigentlich richterliche 
der sonstigen Thätigkeit .des Richters, wie Registerführung, Ju- 
stizverwaltungsgeschäfte etc., entgegengesetzt. In der zweiten 
und dritten Beratung im Plenum des Reichstags kam die Im- 
munität der Richter wieder zur Sprache, und man nahm die von 
Gröber beantragte Fassung an, nach der die Sonderstellung des 
Richters, „das Privilegium für Pflichtverletzungen im Amte“, auf 
das möglichst enge Mass eingeschränkt werden sollte, d. h. den 
Vorschlag, die Worte „Leitung und Entscheidung“ zu ersetzen 
durch „Urteil“. Die Ausnahmestellung des Richters beschränkt 
sich also in Strafsachen auf Endurteile, in Civilsachen auf End-, 
Teil- und Zwischenurteile; sie besteht nicht bei der Leitung der 
Verhandlung und bei der Erlassung derjenigen Entscheidungen, 
die nicht Endurteile sind; für eine in jenen begangene Fahrläs- 
sigkeit kann er haftbar gemacht werden. 
Die Pflichtverletzung kann auch von einem Kollegialgericht 
ausgegangen sein. Hier fragt es sich, ob nur die schuldigen 
Mitglieder oder alle diejenigen, die an der betreffenden Ver- 
#8 Denkschrift.
	        
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