Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

285 — 
Es ist darum auch durchaus folgerichtig, wenn die einzelstaat- 
lichen Befehls- und Verwaltungsorganisationen bestehen bleiben 
und an ihrer Stelle keine Bundesbehörden errichtet werden 
sollten. 
2. Ganz anders aber sind alle diese Fragen zu beurteilen 
mit dem Augenblicke, wo die Verfassung des Norddeutschen 
Bundes und mit ihr kein Staatenbund, sondern ein Bundesstaat 
ins Leben trat. Bekanntlich erfolgte die grundsätzliche Aende- 
rung des Verfassungsentwurfs durch die Annahme des Amen- 
dements v. BENNIGSEN zu Art. 18E, (Art. 17 R.-V.), wodurch „die 
Reichsregierung von der preussischen Landesregierung abgetrennt 
wurde“®, Von diesem Augenblicke an gab es einen Bundesstaat, 
der nicht bloss aus den Einzelstaaten, sondern als besonderes 
Rechtssubjekt auch über ihnen stand. Damit verwandelten sich 
die Attribute des preussischen Königs: Bundespräsidium, Bundes- 
feldherr, Oberbefehlshaber der Marine, in die verschiedenen Na- 
men, unter welchen sich die Rechtsstellung des künftigen Kaisers 
verbarg, eines jetzt schon selbständigen Bundesorgans, dessen Per- 
son — rechtlich zufälligerweise — mit dem Träger der preussi- 
schen Krone identisch war. Gewiss war es politisch notwendig, 
dass Wilhelm I. im Jahre 1867 von der Annahme des Kaiser- 
titels absah; gewiss herrscht auch heute in der Wissenschaft kein 
Zweifel darüber, dass seine staatsrechtliche Stellung von 1867 
an im wesentlichen denselben Oharakter trug, wie seit Inkraft- 
treten der Reichsverfassung von 1871. Allein es darf nicht ver- 
kannt werden, dass die Bezeichnungen der Norddeutschen Bundes- 
verfassung damals bei wichtigeh politischen Faktoren Verwirrung 
verursachten und eine Unterschätzung der Rechte der Üentral- 
gewalt gegenüber der Stellung Preussens herbeiführten. Zu- 
nächst wurde die Wirkung des Amendements v. BENNIGSEN hei 
der Vereinbarung der weiteren Abschnitte der Bundesverfassung 
6 Lapanp, Deutsche Juristenzeitung a. a. O.; HänkL, Organisatorische 
Entwickelung der Reichsverfassung 8. 20, 21.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.