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man badischerseits glaubte?®. Nicht zu unterschätzen war auch
die moralische Wirkung, welche der Grossherzog von Baden so
durch einen freiwilligen, lediglich von nationaler Gesinnung ein-
gegebenen?’ unbedingten Verzicht auf Souveränetätsrechte zu
Gunsten Wilhelms I. erzielen konnte. Endlich wollte Baden in
vernünftiger Selbsteinschätzung den unnötigen Ballast einer eigenen
Militärverwaltung und eines im Reiche überflüssigen eigenen
Kriegsministeriums abwerfen. Aber wohlgemerkt: Zweck und
Wortlaut der Konvention begründen Preussens Rechte nur für
den Fall, dass das Reich sie nicht erwerben könne, und dieser
Fall ist nicht eingetreten. Allerhöchstens war die vorläufige
Einreihung der badischen Truppen in das preussische Kontingent
als ein Uebergangszustand geplant°!; ın diesem als kurzes In-
terim hingenommenen Durcheinander der Zuständigkeiten befinden
wir uns nun seit 30 Jahren !??
5. Allerdings kam das einheitliche kaiserliche Heer staats-
rechtlich nicht in dem vollen Umfange aller Kontingente und
thatsächlich überhaupt nicht zur Verwirklichung. Am 25. Nov.
1870 erfolgte der Beitritt Württembergs zum Deutschen Bunde
und der Abschluss einer Militärkonvention, wonach Württem-
berg, wie seither schon Sachsen, ungefähr die militärhoheit-
lichen Rechte bewahrte, welche dem Einzelstaate nach der
Reichsverfassung zustehen. Damit waren Zugeständnisse von
2? Materialien der D. R.-V. III S. 393.
3° MEyvEr a. a. O. S. 65.
® Prot. der II. Kammer, B.-E. Kıerer $.20 r., wo die Fassung der Kon-
vention ausdrücklich damit begründet wird, dass die Uebertragung aller Rechte
auf den Kaiser beabsichtigt sei, dass aber die Durchführung in diesem Augen-
blicke (16. Dec. 70) mangels einer einheitlichen Reichskriegsverwaltung nicht
möglich sei. „Es liegt also in der Natur der Dinge, dass wir uns von Preussen
gewähren lassen, was das Reich verfassungsmässig heute noch nicht leisten kann.“
#2 Nebenbei sei bemerkt, dass ohne Widerspruch zu den früheren Aus-
führungen hier zugegeben werden kann, dass Preussen für den Eventualfall
als Kontrahent der M.K. auftritt; dies beeinflusst aber die ursprünglichen
Wirkungen derselben in keiner Weise.