Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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hause die Aussicht auf abermalige Erweiterung seiner Befugnisse 
verschafft. Sicherlich würde in den anderen Bundesstaaten, deren 
Truppen heute zum preussischen Kontingent gezählt werden, die 
Errichtung des kaiserlichen Heeres mit warmer Genugthuung be- 
grüsst werden. Denn es lässt sich nun einmal nicht bestreiten, 
dass die Imponderabilien eine grosse Rolle spielen. Ein Kenner 
süddeutscher Verhältnisse wird kein Wort über den Unterschied 
verlieren, ob in Baden und Hessen das Reich oder Preussen 
Hoheitsrechte ausübt. Die ernsten Hindernisse der Umwandlung 
bestehen nicht mehr; über den Rest exklusiv-preussischer Stim- 
mung, der wohl beim Adel in den alten Provinzen, stets dem 
Hindernis deutscher Einigung und gesunder Fortentwickelung, 
noch vorhanden ist, darf man zur Tagesordnung übergehen. An 
der Spitze des Reichs und Preussens steht ein Monarch, der 
ganz unter der Wirkung der vollendeten Reichsgründung auf- 
gewachsen ist und vom ersten Tage seiner Regierung zu erkennen 
gab, wie sehr er der überragenden Stellung der Reichsgewalt, 
der völkerrechtlichen Mediatisierung Preussens, der neuen Auf- 
gaben seiner Dynastie bei aller Anhänglichkeit an das Geschicht- 
liche bewusst ist. Wieviele Vorurteile in den Einzelstaaten ge- 
fallen sind, beweist ausser der Erweiterung der Reichskompetenz 
auf den wichtigsten Gebieten des Lebens, die Einführung der 
deutschen Kokarde im ganzen Reichsheere seit 1897. Ganz frei 
denkt im allgemeinen die Jugend, der man mit Unrecht einen 
Vorwurf daraus macht, dass sie sich der kaiserlosen Zeit nicht 
erinnern und mit den Vätern nicht immer wieder der Riesen- 
arbeit vor 1871 festlich gedenken will. Für sie ist das Reich 
mit allen seinen Rechten eben einfach selbstverständlich, wie jedes 
überkommene Gut, so natürlich und unzweifelhaft, als ob für das 
deutsche Volk eine geringere Einigung überhaupt nie denkbar 
wäre, 
Mit der Möglichkeit ist aber auch das Bedürfnis der Um- 
gestaltung unseres Heerwesens gewachsen. Zunächst muss der 
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