Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

— 310 - 
kaiserlich heissen sollten, wie ja auch richtigerweise in Baden im 
(Gegensatze zu Preussen die vom Grossherzog nach Art. 50 Abs. 5 
R.-V. angestellten Reichspostbeamten genannt werden. Am durch- 
sichtigsten ist die Rechtslage beim bayrischen Heer. Und wenn 
diese auch zu „vielen mit einem bundesstaatlichen Verhältnis fast 
unvereinbarlichen Konsequenzen führt“, und im Jahre 1870 die 
Bewilligung der bayrischen Forderungen nicht als Befriedigung 
der Interessen des Volkes, sondern Nachgiebigkeit an die Herrsch- 
sucht der bayrischen Militär- und Civilbureaukratie“ 7” betrachtet 
wurde, so kann man doch geduldig die Zeit erwarten, wo auch 
der eifersüchtigste Vertreter des föderalistischen Gedankens unter 
den deutschen Staaten zur Ueberzeugung kommen wird, Bayern 
und die süddeutschen Interessen durch thatkräftige Teilnahme 
an der Leitung und den grossen Verhältnissen des Reiches mehr 
zu fördern, als durch ängstlich gehütete Sonderrechte und ein 
Sonderdasein im engbegrenzten, wenn auch gemütlichen Kreise; 
die Zeit, wo der Ausspruch eines geistvollen Rechtsgelehrten 
auch innerhalb der blau-weissen Grenzpfähle auf Verständnis 
trifft: „Fürst Bismarck hat uns Süddeutsche für unseren Parti- 
kularismus hart, aber gerecht dadurch bestraft, dass er uns unsere 
Reservatrechte beliess.“ 
IV. Dringlich wurde die in dieser Studie angeregte Frage 
durch die Errichtung der ostasiatischen Truppenteile im Jahre 
1900. Dass die gesetzliche, budgetmässige Existenz derselben 
erst geschaffen werden muss‘®, wird von der Regierung, dem 
Bundesrat wie dem Reichstag, von der Wissenschaft wie von der 
öffentlichen Meinung allgemein anerkannt. Aber welche staats- 
rechtliche Regelung diese Freiwilligen-Armee erhalten wird, ist 
noch nicht erkenntlich. Möglich sind drei Wege, wobei es sich 
+ Von JoHANNES MiqveL, heute dem strengen Wächter des preussischen 
Staatssäckels gegen die Geldbedürfnisse des Reichs. Materialien der R.-V. 
IIL S. 207. 
* Dies gilt im Januar 1901.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.