- 8312
Auch der Einverleibung bayrischer Truppen in das kaiserliche
Kontingent steht kein rechtliches Hindernis im Wege; nur müsste
sie durch einen Akt der bayrischen (Gesetzgebung genehmigt
werden, der wohl bei der ausnahmsweisen Verwendung der Truppe
heute schon zu erhoffen ist. Denn es wird dabei eine Abände-
rung des Bündnisvertrags vom 23. Nov. 1870 getroffen, durch
welche Bayern auf Rechte verzichtet. Will man aber an der
Fiktion der vier königlichen Kontingente®! festhalten, so gelangt
man neben einer niedlichen Verwickelung der Zuständigkeits- und
Verwaltungsverhältnisse zu geradezu komischen staatsrechtlichen
Ergebnissen. Wie es mit der Benennung der Kommandobehörden
und den Hoheitsabzeichen aussieht, ist mir unbekannt, doch
scheint es damit anders gehalten zu werden als in Deutschland.
Ich weiss auch nicht, ob die Bayern auf Befehl des Prinz-
Regenten im Frieden nach Uhina gesandt wurden oder nach er-
folgter Mobilmachung auf kaiserlichen Befehl; dass sie aber im
fernen Osten dem letzteren unterstehen, bezweifelt niemand.
Dieses Verhältnis kann, wenn man die völkerrechtliche Anschau-
ung aufrecht erhält, es sei dem Sohne des Himmels nicht der
Krieg erklärt worden, überhaupt bloss dadurch auf den Rechts-
boden gestellt werden, dass der bayrische Bündnisvertrag samt
der Reichsverfassung den Zusatz erhält, dem Krieg stehe die
freundschaftliche Intervention in die inneren Verhältnisse aus-
wärtiger Mächte zwecks Verbreitung europäischer Kultur gleich.
Denn von einer Delegation des Oberbefehls des Königs von
Bayern im Frieden an den Kaiser kann keine Rede sein; aller-
mindestens wäre ein bayrisches Gesetz hierfür nötig, also auch
in München noch eine Partikular-Indemnität für Verletzung der
Reservatrechte! Die Besatzungsbrigade in Metz war wenigstens
ein geschlossener Truppenteil, dessen Zugehörigkeit zur bayrischen
51 Im R.-G. v. 26. Mai 1893 betr. die Ersatzverteilung: Reichsmilitär-
kontingente unter einzelstaatlicher Verwaltung genannt!