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schnur bei der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse nicht wohl
aufstellen lassen. Es mag indes dieserhalb auf das oben (S. 331)
(resagte verwiesen werden: man kann es den Armenorganen nicht
verdenken, wenn sie jetzt, nachdem $ 25 Gew.-Unf.-Vers.-G. und
8 49 Inv.-Vers.-G. sie gegen früher in mancher Hinsicht un-
günstiger gestellt haben, häufig dazu geneigt sind, den fiskali-
schen Standpunkt entscheiden zu lassen und alles zurückzufordern,
was im Wege der Rentenüberweisung aus der Vergangenheit
ihnen gesetzlich erstattet werden muss.
Etwas anders liegt die Sache in Bezug auf die Bemessung
der Armenunterstützung nach Gewährung der Invaliden-, Alters-
oder Unfallrente. Der Gesetzgeber ist hier davon ausgegangen,
dass die Armenverbände auch ferner würden eintreten müssen,
dass es ihnen aber gestattet werden solle, bei fortlaufender
Armenunterstützung in offener Armenpflege, also nicht in An-
stalten (oben 8. 323) die Ueberweisung der halben Rente zu
fordern. Bei dieser in der Begründung näher dargelegten An-
schauung ist nicht genügend Rücksicht auf die thatsächlichen
Verhältnisse genommen, welche bei der Erledigung der einzelnen
Armenfälle obzuwalten pflegen. Die meisten grösseren Städte
haben z. B. schon seit längeren Jahren das sog. „Elberfelder
System“ in ihrer Armenpflege eingeführt, welches die Verlegung
des Schwerpunktes der fürsorgenden Thätigkeit von der Ge-
meindebehörde, der Haupt- und Zahlstelle des Armenverbandes,
auf eine grössere Anzahl von ehrenamtlich besetzten Bezirks-
ausschüssen überträgt und diesen einen grossen Spielraum bei
der Entscheidung über Bewilligung von Unterstützungen gewährt.
Bei aller Freiheit der Entschliessung ist es aber, um eine ge-
wisse Einheitlichkeit und Gleichmässigkeit in der Handhabung zu
erzielen, unumgänglich nötig gewesen, für den Unterhalt einzeln-
stehender Personen und ganzer Familien bestimmte Normen auf-
zustellen, über welche hinaus nur in dringenden Fällen gegangen
werden darf. Hat eine Familie ein Einkommen, das den hier-