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hebliche Schreibarbeit hierdurch entsteht, ist doch der für die
Wechselwirkungen zwischen Armenpflege und Arbeiterversiche-
rung aus diesem Verfahren erwachsende Vorteil augenfällig.
Hoffentlich führt die enge Verbindung zwischen beiden Ein-
richtungen unter der Herrschaft des neuen Rechts immer weitere
Kreise zu der Ueberzeugung von dem Nutzen der staatlich im
Wege des Zwanges geordneten Arbeiterfürsorge. Zur Zeit sind
freilich die Meinungen noch geteilt, aber selbst in landwirt-
schaftlichen Kreisen, in denen am meisten die Klagen über
die Ausgaben und Scherereien der Arbeiterversicherung laut ge-
worden sind, erkennt man allmählich mehr und mehr den Segen
der Unfall-, Invaliden- und Altersversorgung an“. Die alten
und erwerbsunfähigen Arbeiter und Arbeiterinnen geniessen durch
die Rente, deren Geldbetrag in ländlichen Verhältnissen oft eine
viel höhere Bedeutung als in den Städten hat, eine bedeutend
gesicherte Stellung sowohl in ihrer Familie (als Altenteiler, Leib-
züchter u. dgl.) als auch in der Gemeinde, der monatlich fest-
stehende Bezug giebt ihnen einen festen Rückhalt in der Not,
und sie unterscheiden sich auf das Vorteilhafteste von denjenigen,
welche von den Wohlthaten der Arbeiterversicherung wegen vor-
zeitiger Invalidität, ungenügender Beitragsleistung u. s. w. aus-
geschlossen sind. Es steht zu wünschen, dass die fortschreitende
Erkenntnis dieser günstigen Einwirkung unserer Versicherungs-
gesetze endlich zur Ausdehnung der Krankenversicherungs-
pflicht auf die bisher nur landesgesetzlich oder ortsstatutarisch
einbezogenen land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter*°,
sowie zur Unterwerfung der noch unberücksichtigt gebliebenen
4 WEBER, Die Landarbeiter in den evangelischen Gebieten Nord-
deutschlands Heft1 S. 119; Heft2 S. 158; demnach haben die sozialpolitischen
Gesetze, vor allem das Invalidenversicherungsgesetz, die Armenlast der
Gemeinden erheblich vermindert. Den Nutzen der Einrichtung sehen die
Arbeiter immer mehr ein, nur wünschen sie vielfach eine Herabsetzung der
Altersgrenze auf 65 (statt 70) Jahre.
+5 Hrtu’s Annalen des Deutschen Reichs Bd. 33 S. 393, 408 ff.
Archiv für Öffentliches Recht. XVI. 2. 28