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letzung zu stützen, und noch weniger ist dies bei der Beschwerde
überhaupt der Fall. Die Beschwerde im weitesten Sinne ist
nichts anderes als die Anzeige bei der zuständigen Behörde,
dass sich jemand in seiner Rechtsstellung oder seinen Interessen
verletzt glaubt, mit der Bitte um Abhilfe. Wie die Beschwerde
die Klage oder Rechtsbeschwerde einschliesst, so fällt sie selbst
unter den allgemeinen Begriff der Bitte. Die weitere Erörterung
der formellen Rechtsmittel liegt hier ausserhalb der Aufgabe.
Es kam nur auf die Feststellung ihres Verhältnisses zur Bitte
überhaupt an. Es ist sehr wohl denkbar, dass jemand nach
Erschöpfung oder Versäumung der formellen Rechtsmittel noch
eine formlose Verwaltungsbeschwerde einlegt und, wenn auch
diese erfolglos bleibt, es mit einer Bitte bei den verfassungs-
mässigen Faktoren versucht.
Dieses Recht zu bitten ist aber kein subjektives Recht.
Es wird dabei freilich immer darauf ankommen, was man unter
einem subjektiven Rechte versteht. Sieht man in ihm nur ein
blosses Wollendürfen (WINDSCHEID) oder ein rechtlich geschütztes
Interesse ([HERING), so wird man bei jedem menschlichen Handeln,
dem kein Verbotsgesetz entgegensteht, auch harmlos von einem
subjektiven Rechte sprechen können. Aber dann würde man
auch eine Unmenge rechtlich gleichgiltiger Ausflüsse der mensch-
lichen Willensfreiheit zu den subjektiven Rechten rechnen müssen,
so die alltäglichen menschlichen Verrichtungen, Essen, Trinken,
Schlafen etc. Der Ausfluss der Willensfreiheit tritt als subjek-
tives Recht in das Rechtsleben nur da ein, wo eine Beziehung
hergestellt wird zu anderen Rechtssubjekten: jedem subjektiven
Rechte der einen Person muss die subjektive Verpflichtung der
anderen entsprechen. Aber dem Rechte der Bitte kann selbst-
verständlich nie eine Verpflichtung, die Bitte zu gewähren, gegen-
übergestellt werden, selbst wenn dies in der Macht des Gebetenen
stehen sollte. Das Recht zu bitten ist daher eine res merae
facultatis.