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Einmal kann jemand in seinen Rechten oder Interessen
sich verletzt fühlen. Dann wendet er sich unter Darlegung des
Sachverhaltes mit der Bitte um Abstellung an die zuständige
Behörde. Dies ist die formlose Verwaltungsbeschwerde, wie sie
noch heute gang und gäbe ist. Damit kann der ganze Instanzen-
zug durchlaufen werden. Auch ist der Unterthan befugt, sich
an den König persönlich zu wenden. Letzteres hat natürlich
nur einen Sinn, wenn der Instanzenzug der Behörden erschöpft
ist. Da die Rechtsprechung keine absolute Schranke der mon-
archischen Regierung bildete, war, wie das Beispiel des Müller
Arnold’schen Prozesses unter Friedrich dem Grossen zeigt, selbst
in Prozesssachen eine materielle Beschwerde beim Könige nicht
ausgeschlossen. Erst gegen Schluss des 18. Jahrhunderts kommt
mehr und mehr die Ansicht zum Durchbruche, dass in Justiz-
sachen nur eine formelle Beschwerde beim Könige wegen Ver-
zögerung oder Verweigerung der Rechtsgewährung zulässig sei.
Es kann aber auch jemand, ohne dass er persönlich berührt
wäre, im Interesse der Gesamtheit oder einer Klasse der Be-
völkerung die Beseitigung von Missständen oder die Vornahme von
Verbesserungen irgend welcher Art vorschlagen wollen. Die
absolute Monarchie und ihre Organe, so ablehnend sie sich gegen
die öffentliche Meinung verhalten, sind für solche Anregungen,
selbst wenn sie von einer bisher ganz unbekannten Privatperson
kommen, äusserst zugänglich und empfänglich. Aber der Einzelne
hat, da eine Öffentliche Meinung nicht besteht oder wenigstens
amtlich nicht als berechtigt anerkannt wird, wiederum nur das
Mittel, sich an einen der beiden Faktoren des Staatsorganismus,
den König oder die Behörden, zu wenden. Suchte jemand
wirklich die eben entstehende öffentliche Meinung zu interessieren,
so war das jedenfalls keine wohlgesinnte Persönlichkeit, der es
nur um die Sache und nicht um die Aufrührung von Skandal
zu thun war.. Denn ein solches Vorgehen nützte gar nichts, es
passte in die bestehende Ordnung nicht hinein und erregte nur