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ist leicht erklärlich. Je mehr nach den Ideen des Rechtsstaates
die Staatsthätigkeit gesetzlich geregelt wurde, je stärker brach
sich der Gedanke Bahn, dass die Staatsangehörigen alles das
thun dürften, was ihnen nicht gesetzlich verboten sei. Gesetz-
liche Verbote, beim Landtage Petitionen einzureichen, bestanden
nicht, folglich wird das Petitionsrecht auch ohne verfassungs-
mässige Grundlage „selbstverständlich“. Das gilt sowohl für
Bayern wie die anderen Mittelstaaten.
Abgesehen von der vereinzelten Erscheinung der sachsen-
weimarischen Verfassung von 1816 & 110 erkennen denn auch
erst nach 1830 die deutschen Verfassungsurkunden ein Petitions-
recht ausdrücklich an und beseitigen damit die bisher etwa vor-
handenen Beschränkungen. Hierher gehört die kurhessische Ver-
fassung von 1831 8 35, die sachsen-altenburgische von 1831
$ 66, die hannöversche von 1833 $ 39, die braunschweigische
Landschaftsordnung von 1832 8 38. Der Gegensatz zu den Zu-
ständen der absoluten Monarchie ist damit in bewusster Weise
zum Ausdrucke gelangt.
Eigentümlich war die Entwicklung in Preussen.
Durch das Gesetz vom 5. Juni 1823 war den Proevinzial-
ständen die Befugnis beigelegt, Bitten und Beschwerden, welche
auf das spezielle Wohl und Interesse der ganzen Provinz oder
eines Teiles derselben Bezug hätten, an den König gelangen zu
lassen. Die Petition konnte auch ausserhalb des Landtages ent-
standen sein. Da er jedoch keine eigene Verfügungsbefugnis
hatte, konnte er, wenn er sich der Petition annahm, sie nur an
den König gelangen lassen. Beschränkt war dieses Petitions-
recht insofern, als es sich nicht auf allgemeine Staatsangelegen-
heiten, wie z. B. den Erlass einer Verfassung, sondern nur auf
Provinzialangelegenheiten erstreckte.
Dagegen enthielt das Patent vom 3. Febr. 1847 8 20 über
den Vereinigten Landtag die ausdrückliche Bestimmung, dass
Bitten und Beschwerden bei dem Vereinigten. Landtage von