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lichen Meinung und der verschiedenen Interessen, den Kammern,
eröffnen. Da die in den konstitutionellen Staat unverändert
hinübergenommene Verwaltung der absoluten Monarchie diesen
Weg der Bitte rechtlich hätte hindern können und voraussichtlich
auch gehindert hätte, so war hier der Verwaltung eine Schranke
zu ziehen,
Die preussische Verfassungsurkunde bestimmt demnach in
Art. 32: „Das Petitionsrecht steht allen Preussen zu. Petitionen
unter einem Gesamtnamen sind nur Behörden und Korporationen
gestattet.“ Eine weitere Beschränkung folgt in Art. 81, wonach
niemand den Kammern oder einer von ihnen in Person eine
Bittschrift oder Adresse überreichen darf.
Das verfassungsmässige Petitionsrecht hat hiernach eine
doppelte Bedeutung.
Negativ beseitigt es die bisher bestehenden Beschränkungen
in der Bethätigung der menschlichen Fähigkeit zu bitten und
erklärt die Aufstellung neuer Beschränkungen für verfassungs-
widrig, d. h. macht sie vom Erlasse eines formellen Verfassungs-
gesetzes abhängig.
Positiv sind bei Aufstellung des Petitionsrechtes auch dessen
Schranken gezogen. Diese sind aber meist Lex imperfecta. Das
gilt namentlich von denen, welche Art. 32 preuss. Verf.-U. ent-
hält. Das Petitionsrecht ist allen Preussen eingeräumt, aber, da
auch Fremden nicht verboten ist zu bitten, so wird die Be-
schränkung des Petitionsrechtes auf die eigenen Staatsangehörigen
hinfällig. Ferner dürfen nur Behörden oder Korporationen unter
einem Gesamtnamen petitionieren. Aber wenn eine Petition „der
Einwohner von Schilda® oder „des Vereins Frauenwohl“ bei einer
Behörde oder einem Hause des Landtagef einginge, so wäre sie
eben da, — diese Thatsache liesse sich nicht aus der Welt
schaffen. Dass sich die Volksvertretung mit den nicht unter dem
Schutze des Art. 32 stehenden Petitionen beschäftigt, ist ihr
nirgends verboten. ‚Ebenso wenig braucht sie aber andererseits