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schwerden über Verletzung seiner individuellen Interessen, selbst
wenn diese sich auf das Amts- oder Dienstverhältnis beziehen,
im Instanzenzuge und zuletzt bei der Volksvertretung geltend zu
machen.
Dagegen werden Petitionen, die nicht individuelle Interessen
des Einzelnen betreffen, sofort einen politischen Charakter an-
nehmen müssen. Sie sind ein an sich berechtigtes Mittel der
politischen Agitation, um durch die Wucht der in der Petition
zum Ausdruck gelangten öffentlichen Meinung Eindruck auf Re-
gierung und Volksvertretung zu machen.
Wenn nun auch dem Beamten, anders als in den parlamen-
tarischen Staaten, die Bethätigung einer politischen Gesinnung,
welche von derjenigen der Regierung abweicht, in Deutschland
nicht versagt werden kann, so unterliegt diese Freiheit doch Be-
schränkungen, welche sich aus dem Wesen des Staatsdienstes
ergeben. So verlangt insbesondere für Preussen der Allerhöchste
Erlass an das Staatsministerium vom 4. Jan. 1882 betreffend die
Beteiligung der Beamten an den Wahlen von allen Beamten im
Hinblick auf ihren Eid der Treue Fernhaltung von jeder Agitation
gegen die Regierung des Königs auch bei den Wahlen, von den
sog. politischen Beamten ausserdem positive Unterstützung und
Vertretung der Regierungspolitik bei ihnen. Aber auch abgesehen
von den Wahlen enthält jede Beteiligung der Beamten an öffent-
lichen Demonstrationen und Agitationen gegen die Regierung,
wodurch im Publikum Missstimmung und Widerstreben gegen die
Durchführung der beabsichtigten Regierungsmassregeln erweckt
werden soll, eine Verletzung der Dienstpflichten des Beamten.
Das frühere Obertribunal hat diese Auffassung stetig in seiner
Rechtsprechung vertreten, so namentlich in den Entscheidungen
vom 14. Sept. 1863, 3. Okt. 1864 und 6. Nov. 18657”. Die
” Vgl. OPpEnHorF, Rechtsprechung Bd. IV S. 38, Bd. V 8. 150,
Bd, VIS. 44l,