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noch weiter gehen wie REeum, der bei dem Inhalt des Staats-
dienstverhältnisses die Pflicht zur Treue nur als eine Gewissens-
pflicht behandelt und dieselbe als Rechtspflicht des vormund-
schaftlichen Amtes bezeichnen, Ist sie doch durch $ 266 St.-G.-B.
zu einem der Hauptgrundsätze eines Amtes gemacht, das wie
kein zweites im neuen Rechte nach dem eigenen Ermessen seines
Inhabers innerhalb des eigenen Machtbereiches zu führen ist. Ist
insbesondere die Stellung eines unselbständigen V ollzugsorgans ober-
vormundschaftlicher Anordnungen ausgeschlossen, so ist es gerade
ein charakteristisches Merkmal dieses Amtes, dass der strafrecht-
liche Schutz nach $ 113 St.-G.-B. nicht nötig erscheint. Die dem
Vormund zu eigenem Recht verliehene, auf den Kreis seiner Pflege-
befohlenen beschränkte Macht bedarf des Strafrechtes ebensowenig,
wie die väterliche Gewalt. Ist im übrigen, soweit notwendig und
möglich, ein bestimmter strafrechtlicher Schutz vorhanden, so ist
die Heranziehung der eigentümlichen Stellung des Strafrechtes
in der „Amts-* und „Beamten“frage um so weniger für die Fi-
xierung des vormundschaftlichen Amtsbegriffs notwendig, oder
nur förderlich, als das Strafrecht besondere Zwecke verfolgt und
die praktischen Gesichtspunkte auch in der Frage der Erhaltung
von Ehrenämtern verschieden zum Nachteil eines konsequenten
Standpunktes behandelt sind. So erscheint z. B. das Amt des
Familienrates, das schon seither in bestimmten Rechtsgebieten
die Teilnahme an den richterlichen staatshoheitlichen Geschäften
sicherte, nach $ 34 Pos. 6 als Ehrenrecht, während der Schöffe
mit seinem Amte gleichen Rechtsinhaltes Inhaber eines öffentlichen
Amtes ist. Wenn daher Renm dem Familienrat allein staats-
mundes bejaht, der bei der Nachforschung nach dem ausserehelichen Vater
seines Mündels der Vormundschaftsbehörde verschwiegen, dass er selbst das
Kind gezeugt. Die Gefahr der Verfolgung wegen Ehebruchs schloss die
Strafbarkeit dieses Vergehens gegen die Wahrheit nicht aus. Die Fürsorge-
pflicht und Treue ist „zu einer öffentlich-rechtlichen Norm erhoben,
die eben darum bei Kollision mit dem Privatinteresse des Vormundes
diesem nicht weicht, sondern ihm vorangeht“.