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amtlichen Charakter beimisst, muss er andererseits die Negation
seiner T'heorie im Strafrechte anerkennen. Auch die Erwägung,
dass der Vormund nicht wegen „Amtsvergehens“ verurteilt wird,
hat angesichts des Spezialdeliktes des $ 266 St.-G.-B. wohl nur
formelle Bedeutung, wenn man von dem soeben Bemerkten und
der übrigens in jeder Hinsicht mangelhaften Systematik des
Strafrechtes in der Behandlung der Amtsdelikte absehen will.
Wir gelangen hiernach zu folgenden Ergebnissen:
Die Funktionen des Vormundes bilden ein öffentliches
Amt, das kraft seiner besonderen Organisation weder zu den
Ehrenämtern noch zu den Staatsämtern im engsten Sinne in
letzterer Hinsicht wegen der „Beamten“frage gehört. Es nimmt
eine Mittelstellung ein und nähert sich durch die Gleichheit des
staatsamtlichen Inhaltes in jeder Hinsicht dem obervormund-
schaftlichen Amte, mit dem es im Falle des Familienrates oder
besonderer landesrechtlichen Organisation die nicht berufsmässige
Stellung des Obervormundes bezw. der Mitglieder der ober-
vormundschaftlichen Behörde gemeinsam haben kann. Es hebt
sich scharf, abgesehen von der nur äusserlichen Stellung des Vor-
mundes im bürgerlichen Verkehre, von nahestehenden Befugnissen
und Aemtern im Gebiete des Privatrechtes ab. So sind Kon-
zessionen, deren Ursprung infolge verleihenden Verwaltungsaktes
öffentlich-rechtlich ist, lediglich privatrechtlicher Natur, da sie
nur im Privatinteresse gegeben sind“®. Das „Amt“ des Konkurs-
verwalters ist nach richtiger Ansicht nicht Ausübung einer
öffentlich-rechtlichen Funktion, er übernimmt das Amt freiwillig,
der Staat hat an der Verteilung des Vermögens des Gemein-
schuldners kein unmittelbares Interesse, wie das Reichsgericht in
Bd. XIX S. 86 Strafsachen und Bd. XLIII S. 62 Civilsachen
im Gegensatze zu Bd. XXIX S. 36 feststellt. Dagegen zeigt
der Inhalt des vormundschaftlichen Amtes die Ableitung aus der
“@ S. JELLINEK, System 9. 62.