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reits BERNDT in seiner verdienstvollen Abhandlung 5°: Hat der Vor-
mundschaftsrichter bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden ?
eine zusammenfassende Darstellung veröffentlicht. Wir stellen
einige Resultate von besonderer Bedeutung als Ausgangspunkt
der Untersuchung voran.
I. Das Vormundschaftsgericht ist ordentliches Gericht im
Sinne der $$ 12, 13 G.-V.-G. nicht, da es grundsätzlich nur
nichtstreitige Gerichtsbarkeit ausübt. Auch als Verwaltungs-
gericht oder Verwaltungsbehörde kommt es nicht in Betracht.
Inhaltlich ist zwar seine Thätigkeit in verschiedener Hinsicht
derjenigen der Verwaltung analog, doch ist es seiner Organisation
nach Gerichtsbehörde°!, Der Begriff eigentlicher Justizverwaltung
ist im preussischen Sinne viel enger, er umfasst u.a. nur: Ein-
richtung, Leitung der Behörde und des Personals, Verwaltung
von Gebäuden u. dgl.
II. Waren dem Vormundschaftsrichter Entscheidungen nach
bürgerlichem Recht überwiesen, so kompetieren sie durch die
Reichsjustizgesetzgebung den ordentlichen Prozessrichter. Eine
Prüfung des preussischen Rechts ergiebt in letzterer Hinsicht
folgendes:
a) In Erziehungsfragen ist der Vormundschaftsrichter Inter-
essenvertreter, er nimmt Partei für die Schutzbefohlenen und
vertritt mit dem Interesse der Kinder zugleich das öffentliche
Interesse des Staates an der Heranziehung brauchbarer Staats-
bürger. Insoweit der Vormundschaftsrichter in dieser Hinsicht
Streite der Eltern entscheidet, „trifft er seine Entscheidung in
dem Sinne, wie der elterliche Streit ohne Widerspruch mit den
Gesetzen im Interesse des Kindes am besten zu beenden ist“.
50 GrucHot, Beiträge, Rassow-KüntzeL Bd. XXX VIII, 1894, S. 598-646.
°i In Sachen II 251/82 hat das Reichsgericht II. Civilsenat am 6. Juni
1882 das sächs. Vormundschaftsgericht als Verwaltungsbehörde im Sinne des
513 G.-V.-G. aufgefasst, da seine Thätigkeit ein Zweig der Justizverwal-
tung sei,