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verhältnissen zu Dritten nicht extensiv interpretiert werden,
So sind Ansprüche auf Herausgabe eines Kindes in dem speziellen
Falle des $ 1632 B.G.-B. im Rechtswege zunächst zu verfolgen,
sofortige vormundschaftliche Vollstreckung scheint nicht zulässig.
Hiernach ist auch im neuen Rechte der Vormundschafts-
richter in der überwiegenden Anzahl der Fälle seiner Thätigkeit
Interessenvertreter, Partei, nicht Richter. Dieser vorherrschende
Charakter der Stellung hat die Uebertragung der sog. Konsens-
streite unter Ehegatten an das Vormundschaftsgericht besonders
befürwortet, wenn man auch hierbei übersah, dass reine streitige
Rechtsfragen demnächst mitzuentscheiden sind. Liegen solche
nicht vor, dann kann allerdings die Entscheidung durch die Be-
antwortung einer nach Zweckmässigkeitsrücksichten bestimmbaren
Bedürfnisfrage erfolgen.
Mit dieser Absicht des Gesetzgebers ist auch die Möglich-
keit einer landesrechtlichen Organisation vereinbar, welche die
Funktionen des Vormundschaftsgerichts einer Verwaltungs-
behörde überträgt, da eben in der vorwiegenden Anzahl aller
Fälle nur das öffentliche Interesse wahrzunehmen ist. Der zu
Gunsten der landesrechtlichen Organisationsmöglichkeit gemachte
Vorbehalt ist daher nur nach dem äusserlichen Momente ein
Posten „in der Verlustliste des deutschen Einheitsgedankens“ °”,
bei näherer Untersuchung des Verfahrens und der inneren Ab-
sichten des Gesetzes tritt die mit dem Zeitgeiste im Zusammen-
hang stehende Tendenz hervor, den durch den ordentlichen Pro-
zess begünstigten Formalismus im Recht im Interesse der Ehe
zu beseitigen und an seine Stelle die unter Umständen sofort
wirksame staatliche Hülfe bei dem Vollzug von Rechtsgeschäften
zu setzen. Damit kehrt man allerdings aus rechtspolitischen
Gründen zu der heute nicht einwandsfreien Stellung des alten
preussischen Gesetzgebers SvArREZ zurück. Letzterer äusserte sich
57 So KAUFFMAnNN in 5. Rede S. 731, St. V. des Reichstags a. a. O.