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handlung über das kirchliche Strafrecht im allgemeinen, die als Einleitung
vorausgeschickt ist. Hier wird namentlich mit Soum streng ins Gericht ge-
gangen und im Gegensatz zu ihm festgehalten, dass die Rechtsordnung „für
das Heil der Seelen selbst ein notwendiges Mittel ist“. Darum muss die
Kirche dieselbe aufrechterhalten durch Strafe. In der Gegenwart wäre „eine
etwas straffere Handhabung der Strafgewalt“ wünschenswert.
Gleich zu Anfang des Kommentars (S. 66 Note 4) kommt denn auch
ein kleiner Zusammenstoss mit HınscHius. Dieser hatte das delictum ecclesi-
erticum bezeichnet als eine Verletzung der von der Kirche aufgestellten
Rechtsnorm. Verf. bemerkt, das sei unrichtig; denn die Rechtsnorm kann
sowohl ein göttliches als ein kirchliches Gesetz sein. Das ist von seinem
Standpunkt aus ganz ausser Zweifel. Aber andererseits wird er doch zu-
geben müssen, dass für einen Juristen, der nicht unter dem Dogma steht,
“ auch das jus divinum Rechtsnorm nur ist, weil die Kirche es als solche
anerkannt und gesetzt hat. Man muss sich eben gegenseitig verstehen.
Das Buch ist jedenfalls sehr lehrreich. Gar manche Frage unseres
öffentlichen Lebens erhält darin ihre eigenartige Beleuchtung. OD. M.
Dr. Josef Hollweck, Professor des Kirchenrechts und der Kirchengeschichte
am bischöflichen Lyceum in Eichstätt, Das Civileherecht des
Bürgerlichen Gesetzbuchs. Mainz, Franz Kirchheim, 1900.
264 S.
Der Gegenstand soll hier dargestellt werden „im Lichte des kanoni-
schen Eherechts“; das giebt dem Buch seinen ausgeprägten Charakter.
Verf. wendet sich scharf gegen die Versuche, den Gegensatz zu verschleiern,
wie sie seines Erachtens in der „Kölnischen Volkszeitung“ und in der
„Stimme aus Maria Laach“ zu Tage getreten sind. Mit Recht behauptet
er, dass dem katholischen Standpunkt damit nicht gedient ist, dass man
aufstellt, das Bürgerliche Gesetzbuch „ordne nur die rechtliche, die bürger-
liche Seite der Ehe“. Gerade das Rechtsgeschäft und seine Rechtswirkungen
nimmt die Kirche für sich in Anspruch: „denn der Vertrag macht das
Sakrament durch die Hervorbringung des Rechtsverhältnisses existent und
dieses selbst ist das Sakrament der Ehe.“
Inwieweit ist Civilehe, d. h. staatlich geordnete Lebensgemeinschaft
zwischen Mann und Weib überhaupt zulässig? Es besteht „unter den katho-
lischen Theologen Kontroverse, ob der Staat berechtigt sei, für die Unge-
tauften ein Eherecht zu schaffen“. Verf. meint: es müsse unterschieden
werden zwischen dem status naturse purae und dem status naturae elevatae,
sed lapsae, „Nach dem Sündenfall hörte für Adam und Eva auch an sich
das Recht auf, das natürliche Leben fortzupflanzen, denn es würde nur die