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insbesondere: „Predigt und Pfarramt sind juris divini“ (S. 205). Als „Ent-
stehungsquelle* des Rechtes nennt er die Offenbarung, beurkundet in der
heiligen Schrift als „Erkenntnisquelle“ (S. 14). Das letztere wird nachher
(S. 16) für die evangelische Kirche abgeschwächt: die heilige Schrift „ent-
hält die Grundlagen alles Rechts, aber keine unmittelbar anwendbare Rechts-
sätze“, sie ist nicht „i. e. S. Rechtsquelle“, d. h. Erkenntnisquelle des
Rechts. Das Verhältnis der Offenbarung zu den anderen Entstehungsquellen
des Rechts, die vorher als solche hervorgehoben worden waren: Gesetz und
Gewohnheit (S. 14), wird dadurch etwas unklar. Aber die Hauptsache
bleibt bestehen: es geht auch im Religiösen juristisch zu. Das stimmt zu
einzelnen Anwendungen, wie die eben erwähnten. Aber — dem Verf. wird
das nicht angenehm sein — uns will es scheinen, als sei das eher katholische
Denkweise.
Im einzelnen wäre wohl manches einzuwenden. Jedenfalls das wird
man diesem Lehrbuch des Kirchenrechts nicht abstreiten können, dass es
seinen eigenen Charakter hat. O0. M.
F. Geigel, kaiserl. Regierungsrat a. D., Reichs- und reichsländisches
Kirchen- und Stiftungsrecht. Strassburg, F. X. Le Roux & Cie,,
1899 u. 1900. 2 Bde., 448 u. 144 S.
Das Werk bildet eine Neubearbeitung von des Verf. französischem
und reichsländischem Staatskirchenrecht, welches 1884 erschienen und seit
einiger Zeit vergriffen ist. Dieses hatte sich als ein recht brauchbares Buch
erwiesen. Wo die partikularrechtliche Litteratur des Kirchenrechts aufge-
zählt wird, pflegt es Elsass-Lothringen in dieser Hinsicht zu vertreten. Das
ältere Werk, Dursr’s Staatskirchenrecht, das man wohl daneben erwähnt
findet, ist eine sehr mangelhafte Leistung und kommt wissenschaftlich über-
haupt nicht in Betracht.
Um den Bedürfnissen des Publikums entgegenzukommen, hat der Verf.
sein Buch in drei Teile zerlegt, die einzeln käuflich sind. Der erste be-
zeichnet sich in der Ueberschrift (S. 11) als „Erster oder allgemeiner Teil“,
auf dem Titelblatt richtiger als: „Gemeinsamer Teil für Katholiken, Prote-
stanten und Israeliten*, auf dem Umschlag dagegen als: „Des Bürgerlichen
Gesetzbuches öffentliches Recht, sowie für Katholiken, Protestanten und
Israeliten gemeinsames Kirchenrecht“. Es wird in diesem Teil namentlich
die Lehre von den juristischen Personen behandelt, soweit sie die Kirche
angehen, und von ihren vermögensrechtlichen Beziehungen. Der Verf. be-
rücksichtigt in eingehender Weise die dafür massgebenden Bestimmungen
des Bürgerlichen Gesetzbuchs. So erläutert sich der soeben erwähnte Zu-
satz auf dem Umschlag, der an sich einen sehr unharmonischen Eindruck
macht,