Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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partei), die sich früher befehdeten, in ein Freundschafts- und 
Bündnissverhältniss getreten sind, sodass 1897 allein in dem ersten 
Wahlkreise über 5000 welfische Stimmen abgegeben wurden. 
Während Seitens der Regierung nicht allein über die Stellung 
des Regenten und insbesondere sein Verhältniss zu dem Herzoge 
von Cumberland, dem zur Nachfolge berufenen Thronerben, ab- 
sichtlich der Schleier des Geheimnisses gezogen, sondern gelegent- 
lich sogar eine Ausdrucksweise angewandt ist, als ob der Regent 
selbst Landesherr sei, suchen begreiflicher Weise die Welfen einer 
Verdunkelung des Rechtsverhältnisses vorzubeugen. Ein Mittel 
hierfür bietet ihnen das Kirchengebet. Während in allen deut- 
schen Staaten, in denen Regentschaften bestehen, also in Bayern, 
Koburg-Gotha, Lippe und bis vor Kurzem auch in Mecklenburg, 
neben dem Regenten auch für den verhinderten Landesherrn ge- 
betet wird, kennt das durch Kirchengesetz vom 14. Aug. 1893 
angeordnete braunschweigische allgemeine Kirchengebet eine Für- 
bitte nur für den Regenten. Eingaben des Grafen VON DER 
SCHULENBURG an das Konsistorium und den Regenten vom 7.Febr. 
1892 und 28. Jan. 1894, in denen um Aenderung gebeten wurde, 
waren abschlägig beschieden, und so hatten denn die beiden 
vereinigten welfischen Parteien sich an die jetzt tagende Landes- 
synode mit der Bitte gewandt, dahin zu wirken, dass in das 
Kirchengebet eine Fürbitte für den Herzog von Cumberland und 
dessen Haus eingeschaltet werde. 
Dass die Synode zuständig war, hierüber, eine Entscheidung 
zu treffen, konnte nicht bestritten werden. Der Einwand, dass 
es den Bittstellern nicht um ein kirchliches Interesse, sondern 
um politische Agitation zu thun sei, wurde theils als nicht be- 
gründet, theils als nicht ausschlaggebend angesehen, und so stand’ 
die Synode vor der Aufgabe, Stellung zu einer Frage zu nehmen, 
die einerseits eine erheblich politische Bedeutung hatte, andererseits 
aber ohne die schwierigsten staatsrechtlichen Erörterungen nicht 
zu lösen war. Nach Staats- und Kirchenrecht hat der Landes-
	        
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