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herr einen Anspruch auf kirchliche Fürbitte. Ist also der Her-
zog von Uumberland Landesherr, so ist die erhobene Forderung
prima facie begründet. Allerdings ist er an der Ausübung der
Regierung verhindert, aber nach der von allen Staatsrechts-
lehrern vertretenen und durch die Praxis der genannten Staaten
bestätigten Auffassung werden hierdurch nur die aktiven Re-
gierungsrechte berührt, nicht die passiven sog. Majestätsrechte,
zu denen der Anspruch auf kirchliche Fürbitte gehört. Hält man
dennoch dafür, dass dieser Anspruch im vorliegenden Falle aus-
geschlossen sei, so muss man einen Sondercharakter der braun-
schweigischen Regentschaft behaupten, und so sehr es dem natür-
lichen Gefühle entspricht, dies zu thun, so ist es offenbar nicht
leicht, hierfür durchschlagende Gründe zu finden.
In meiner Eigenschaft als Referent der kirchenrechtlichen
Kommission fiel mir die Aufgabe zu, mir über die bezeichnete
Frage ein Urtheil zu bilden, und da ich bei meinen Studien zu
der Ansicht gelangte, dass die braunschweigische Regentschaft in
der That eine höchst interessante staatsrechtliche Neubildung
darstellt, so entspreche ich gern dem von der Leitung dieser
Zeitschrift geäusserten Wunsche, den von mir erstatteten Bericht
hier in seinen wichtigsten Theilen wiederzugeben, indem ich zu-
gleich zu einigen bei der Verhandlung von gegnerischer Seite
geltend gemachten Einwendungen Stellung nehme. —
I. Der Ausgangspunkt der Untersuchung ist der allgemein
anerkannte Satz des Staatsrechts und Kirchenrechts, dass der
Landesherr einen Anspruch darauf hat, im Kirchengebete durch
besondere Fürbitte berücksichtigt zu werden (SCHULZE, Deutsches
Staatsrecht Bd. I S. 194, G. MEyEr, Deutsches Staatsrecht
& 84 S. 227, RIiCHTER-DovE, Kirchenrecht $ 246 8. 703). Diese
Befugniss bildet zusammen mit der Führung eines entsprechenden
Titels, der Prägung der Münzen mit dem Bildnisse des Landes-
herrn, seinem besonderen strafrechtlichen Schutze durch die Vor-
schriften über Hochverrath und Majestätsbeleidigung, dem Rechte
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