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aber eines Rechtsaktes, einer Willenserklärung, nämlich des Erb-
schaftsantrittes. Das deutsche Recht kennt diese Vorbedingung
nicht; der Erbberechtigte wird mit dem Tode des Erblassers
ipso jure Erbe und Eigenthümer des hinterlassenen Vermögens
(„Le mort saisit le vif.2 „Der Todte erbt den Lebendigen“).
Aber die Anwendung erbrechtlicher Grundsätze führte auch
zu der Theilung des Landes unter mehrere Söhne, und da die
hierdurch herbeigeführte Zerstückelung nicht allein gegen das
staatliche Interesse verstiess, sondern zugleich vom Standpunkte
der Erhaltung der Familienmacht zu verwerfen war, so gelangte
man allmählich zu einer Aenderung. Zunächst suchte man durch
Hausgesetze die Untheilbarkeit einzuführen, bis endlich seit Be-
ginn des 18. Jahrhunderts die Ansicht sich Bahn zu brechen
begann, dass die Landeshoheit nicht ein Vermögensgegenstand
ist, der nach privatrechtlichen Grundsätzen vererbt werden kann,
sondern eine staatliche Stellung, deren Verhältnisse lediglich nach
staatsrechtlichen Gesichtspunkten zu beurtheilen sind. Heute be-
steht kein Zweifel mehr darüber, dass von der Frage der Thron-
folge alle civilrechtlichen Anschauungen fern zu halten sind, dass
von Erben und Erbfolge hier ebensowenig die Rede sein kann,
wie von den daraus hergeleiteten Fragen, ob die Thronfolge ex
pacto et providentia majorum stattfinde, ob sie Universal- oder
Singularsuccession sei, ob der Nachfolger die Regierungsakte
seines Vorgängers anerkennen müsse u. s. w. „Die Staatssucces-
sion in Erbmonarchien ist überhaupt keine Erbfolge, sondern
sig bewegt sich nur äusserlich in Formen, die dem Erbrechte
entlehnt sind. Das Wesen der Erbmonarchie im Unterschiede
zu der Wahlmonarchie besteht darin, dass eine bestimmte Fami-
lie mit der Thronfolge verfassungsmässig in einem solchen Zu-
sammenhange steht, dass lediglich aus ihr nach einer fest-
geordneten Reihenfolge diejenige Person hervorzugehen hat,
welche bei eintretender Thronerledigung in die leer gewordene
Stelle des bisherigen Throninhabers einzutreten hat. Im Staats-