Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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einerseits dem Regenten und andererseits dem verhinderten Landes- 
berrn zukommen sollte. Die hier vorgesehene Rechtsstellung 
Beider ist dann durch die gesetzgeberischen Akte der Jahre 
1884/85 verwirklicht. 
Da der Wortlaut des Regentschaftsgesetzes keinen Anhalts- 
punkt für die zur Entscheidung stehende Frage bietet, vielmehr 
darüber, welche Rechtsstellung einerseits dem Regenten, anderer- 
seits dem verhinderten ‚Landesherrn zustehen soll, nichts gesagt 
ist, so muss auf eine doppelte Quelle zurückgegangen werden, 
nämlich einerseits auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes 
und den in ihr zu Tage tretenden gesetzgeberischen Zweck, 
andererseits auf das gemeine deutsche Staatsrecht und die Aus- 
bildung, welche hier das Institut der Regentschaft erhalten hat. 
VI. In der ältesten Zeit des Deutschen Reiches war für 
eine Regentschaft kein Raum. Solange der König gewählt wurde 
und die Landesherren nichts waren, als königliche Beamte, die 
er nach seinem Ermessen einsetzte, war es ausgeschlossen, dass 
regierungsunfähige Personen zur Regierung gelangten, denn man 
dachte nicht daran, sie zu wählen oder anzustellen. Allerdings 
war es möglich, dass eine zunächst geeignete Person diese Eigen- 
schaft während ihrer Regierungsdauer verlor, aber dann wurde 
ein Graf oder Herzog einfach durch einen anderen ersetzt, und 
selbst bei dem Könige war das Absetzungsrecht der Reichsstände 
nicht allein theoretisch unbestritten, sondern es wurde, wie die 
Fälle Karl’s des Dicken und Wenzel’s beweisen, auch praktisch 
ausgeübt. Aber sobald sich für Könige und Fürsten der Grund- 
satz der Erblichkeit entwickelt hatte, musste nothwendig zwischen 
dem Erbrechte, welches auf die persönlichen Eigenschaften keine 
Rücksicht nahm, und dem Staatsinteresse, welches nur geeignete 
Personen zur Regierung zuzulassen gebot, ein Widerspruch ent- 
stehen, dessen Ueberwindung selbst heute noch nicht völlig ge- 
lungen ist. Derjenige Mangel, über den man zuerst anfıng bin- 
wegzusehen, war das jugendliche Alter, da er seiner Natur nach 
Archiv für öffentliches Recht. XVI. 4. 38
	        
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