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besteht Meinungsverschiedenheit, die innerhalb des Bundestages
selbst offen hervortrat, als die braunschweigischen Landstände
bei ihrem Streite mit dem Herzog Karl dessen Entscheidung an-
riefen. Man war freilich einig darüber, dass der Herzog Karl
die Regierung nicht behalten könne, aber die Meinungen waren
darüber getheilt, ob Ausschliessung von der Regierung oder eine
blosse Regentschaft eintreten solle. Während Oesterreich den
letzteren Standpunkt vertrat, siegte bei der Abstimmung im
Bundestage am 2. Dez. 1830 mit einer Stimme Mehrheit die
Ansicht von Preussen und Hannover, nach der der Herzog Wil-
helm um einstweilige Fortführung der zunächst provisorisch über-
nommenen Regierung ersucht und zugleich den Agnaten anheim-
gegeben wurde, eine definitive Anordnung zu treffen. Diese An-
‘ordnung ging dann dahin, dass bei der absoluten Regierungs-
unfähigkeit des Herzogs Karl die Regierung im Herzogthume
Braunschweig für erledigt erklärt und definitiv auf den Herzog
Wilhelm als nächsten Agnaten mit allen verfassungsmässigen
Rechten und Pflichten eines regierenden Herzogs von Braun-
schweig übertragen wurde.
Für die rechtliche Beurtheilung dieser Maassregel sind von
Bedeutung die in den Sitzungen vom 14. April und 11. Mai 1831
abgegebenen Erklärungen von Preussen und Hannover. Die
erstere ging dahin,‘ es walte im Bunde kein Zweifel darüber ob,
'dass Herzog Karl die Regierung im Herzogthume Braunschweig
nie wieder ausüben könne und dürfe, sondern immer von der-
selben ausgeschlossen bleiben müsse. Der Grund dieser allseitig
anerkannten absoluten Regierungsunfähigkeit liege in dem Miss-
brauche, den er von der Regierungsgewalt gemacht habe. In
einem moralischen Uebel, nicht in einem unverschuldeten körper-
lichen oder ‚geistigen. Hindernisse des zur Regierung berufenen
Fürsten liege die Ursache, dass seine Entfernung von der Re-
gierung eine bedauernswerthe aber rechtliche Nothwendigkeit ge-
worden sei. Unverschuldete Krankheit könne eine ausserordent-