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die öffentlichen Wege vor Allem, können zum massgebenden YVor-
bilde für unsere Auffassung werden. Und warum sind diese
extra commercium? Wegen des usus publicus? Woher käme
dem diese mystische Kraft? Nein, sondern weil sie res populi
sind, weil damit die majestas populi Romani an ihnen erscheint,
und weil diese die Anwendbarkeit des jus civile von selbst aus-
schliesst. Es handelt sich also um eine öffentlichrechtliche Zu-
gehörigkeit der Sache, die nicht nothwendig im usus publicus
zum Ausdruck kommt; die Zugehörigkeit ans römische Volk
ist immer öffentlichrechtlich. Aber der usus publicus ist die
Form, in welcher dieser Gedanke lebendig bleibt auch unter der
späteren Vorherrschaft des Kaiserlichen Fiskus, der seinerseits
zum Üivilrecht anders steht®.
Das Deutsche Recht hat sich ja zunächst ganz abseits
von dieser mächtigen Staatsidee des altrömischen Rechts ent-
wickelt; die öffentliche Sache erhält ihre Rechtsgestalt durch
andere Vorstellungen, auf die hier nicht einzugehen ist. Mit der
Ausbildung der fürstlichen Gewalt kommt der Staat allmählich
wieder. Im Namen des Gemeinwohls und auf den Rechtstitel
des jus politiae legt das Fürstenthum seine Hand auf Strassen,
Flüsse, Festungswerke und beansprucht eine besondere Obhut
darüber. Die Juristen liefern ihm noch weitere Rechtstitel aus
dem corpus juris: der Fürst steht bei uns an der Stelle des
populus romanus, die res publicae, welche das corpus juris diesem
8 Bedeutsam vor Allem Mommsen, Röm. Staatsrecht Bd. I S. 162ff.
Hervorzuheben wären auch die Ausführungen von ELVvER’s röm. Servituten-
lehre S. 267ff.; sie sind in Weıskes Rechtslexikon Bd. X S. 234ff. im
Wesentlichen aufgenommen. IHERIN«, Geist des röm. Rechts Bd. ILI S. 348
bleibt bei Anläufen,;, dem Wesen des öffentlichen Rechts stand er, wie
auch sein „Zweck im Recht“ mehrfach beweist, etwas fern. Die rechtliche
Bedeutung des usus publicus wird man nur im Zusammenhang mit der
mächtigen demokratischen Grundidee des römischen Staates verstehen: der
populus tritt dariu unmittelbar auf. Es gehört das demselben Gedankenkreis
an wie die bekannte Erklärung des Gewohnheitsrechts aus einer unmittel-
baren Gesetzgebung durch das Volk.