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1I.
Um nun unsere Frage völlig entscheiden zu können, haben
wir die besondere preussische Entwicklung zu betrachten. Hier
ist die Verfassung vom 31. Jan. 1850 von so einschneidender
Bedeutung für die königlichen Rechte, dass es angebracht sein
wird, zunächst festzustellen, inwieweit der König, bevor Preussen
eine Verfassung hatte, die von ihm verliehenen Auszeichnungen
entziehen konnte.
Der König war damals absoluter Monarch, d. h. unumschränk-
ter, nur durch die Rechtsordnung gebundener Herrscher ®°, Als
Rechtsordnung aber stellten sich dar:
1. die allgemeinen unveränderlichen Rechtsgrundsätze ;
2. die vom Könige selber erlassenen allgemeinen Anord-
nungen, die in jeder Form Gesetzeskraft hatten.
Da die allgemeinen Rechtsnormen, wie wir gesehen haben,
dem Könige das Entziehungsrecht gewähren, so stand grund-
sätzlich dem königlichen Entziehungsrechte zu jener Zeit nichts
entgegen. Es fragt sich deshalb eigentlich in der Hauptsache
nur, inwieweit der Herrscher sich etwa selber in seinem Rechte
beschränkt und dadurch für die Zeit nach der Verfassung vom
31. Jan. 1850 einen gesetzlichen Zustand herbeigeführt hat, der
nur durch Gesetz im heutigen Sinne abgeändert werden könnte.
Um darüber Klarheit zu gewinnen, wollen wir an erster
Stelle auf das preussische Titelwesen eingehen.
Was in Preussen unter der Bezeichnung „Titel“ verstanden
wird, zerfällt in zwei Klassen. Die Regel bilden die Titel, welche
6° Darüber lässt das Allgemeine preussische Landrecht im 13. Titel des
2. Teiles keinen Zweifel. Wenn $ 1 daselbst lautet: „Alle Rechte und
Pflichten des Staates gegen seine Bürger und Schutzverwandten vereinigen
sich in dem Oberhaupte desselben“, so besagt dies, das Staatsoberhaupt sei
gleichbedeutend mit dem Staate. — Vgl. übrigens Arxpt, Die Verfassungs-
urkunde für den preussischen Staat 3. Aufl. S. 44 No. 5, und v. GERBER
a. a. 0, S. 55.