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zollernschen Hausordens die Möglichkeiten des Verlustes der
Auszeichnung weder erschöpfend angegeben sind, noch angegeben
werden sollten, welch letzteres für die Disziplinargesetze zutrifft.
Sodann aber haben die Statuten des Hausordens, als zeitlich nach
dem Inkrafttreten der Verfassung liegend, nicht den Charakter
eines (resetzes, so dass das zudem an die königliche Bestätigung
gebundene Ordenskapitel seine Befugnis allein vom Monarchen
ableitet und jederzeit durch ihn derselben entkleidet werden
kann. Soweit daher der König eine den Orden aberkennende
Entscheidung des Kapitels bestätigt, entzieht er den Orden aus
eigenem Rechte; ausserdem kann er ihn natürlich ohne Anhörung
des Kapitels entziehen, zumal in den Fällen, wo diesem, das nur
eine Art von Strafgericht bilden soll, ein Recht zur Entscheidung
nicht übertragen ist!?”. Man kann also nicht sagen, dass das
königliche Entziehungsrecht durch die Statuten vom 23. Aug. 1851
eingeschränkt worden sei.
IV.
Wenn man das bisher gewonnene Resultat zusammenfasst,
so ergeben sich folgende Sätze. Der König von Preussen kann
grundsätzlich die von ihm verliehenen Titel, Orden und Ehren-
zeichen — unter Verantwortlichkeit seiner Minister — wieder
entziehen. Er kann es jedoch nicht willkürlich, sondern nur
wegen Unehrenhaftigkeit des Inhabers der Auszeichnung oder im
wohlverstandenen öffentlichen Interesse’. Ferner hat bei den
137 Wenn zwar das öffentliche Interesse die Entziehung verlangt, aber
die Ehrenverpflichtung nicht verletzt worden ist.
138 Nach unserer Auffassung kann es demnach keinem Zweifel unter-
liegen, dass der König, wenn er z. B. einem Forscher auf Grund eines von
ihm herausgegebenen Reiseberichtes über Afrika einen Orden verliehen hätte
und sich der Bericht später als erschwindelt herausstellte, den Orden wieder
entziehen könnte. Die Entziehung wäre hier begründet nicht nur durch
das unehrenhafte Verhalten des Forschers, sondern auch durch das im
öffentlichen Interesse zu schützende Ansehen der Wissenschaft. Vgl. zu
dem angenommenen Falle die Schrift „Etwas vom ‚Afrikareisenden‘ Dr. iur.
Esser“ von Wagner, Berlin 1899.