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Rechtsverhältnis besteht, müssen seine beiden Pole — das Sub-
jekt des Rechts und das Subjekt der Verpflichtung — beides
Staaten, und zwar von einander unabhängige Staaten sein ’®,
Sobald diese Bedingung fehlt, verliert das Verhältnis seinen
Charakter und verwandelt sich in ein innerrechtliches.
Es können aber Zweifel aufsteigen, ob überhaupt zwischen-
staatliche, auf dem Prinzip der Subordination beruhende Rechts-
verhältnisse möglich sind. Diese Frage muss unbedingt bejaht
werden.
Jeder Staat erfüllt zweierlei juristische Funktionen. Erstens
herrscht er und übt einen ganzen Komplex von souveränen
Hoheitsrechten aus; in seinen Händen hat er den Zwang mono-
polisiert, seinen Willen drückt er als Gesetz, Verordnung, Ver-
fügung u. s. w. aus. Privatpersonen haben ıhm gegenüber nur
diejenigen Rechte, welche er ihnen gewährt oder anzuerkennen
gewillt ist. In thesi ist der Staat allmächtig, und seinem Willen
können nur faktische Grenzen gesetzt werden.
Aber der Staat hat auch noch eine andere Seite. Er kann
nicht bloss als befehlende Person, als Träger des imperium,
sondern auch als Subjekt von Vermögensrechten — als Fiskus —
auftreten.
Die Lehre von der fiskalischen Natur des Staates hat be-
kanntlich mehrere Entwicklungsstadien durchgemacht. Zur Zeit
des Polizeistaates wurde der Fiskus als eine juristische, un-
abhängig vom Staate existierende und neben ihm bestehende
Person gedacht!*. Auf diese Weise zersplitterte sich der Staats-
WESTLAKE zu sein, Etudes sur les principes du droit international 1895 p. 2:
„il y aurait du pedantisme & nier que celui qui se livre a la piraterie ou
celui qui rompt un blocus sont des sujets du droit international.“ Er fährt
jedoch fort „ils ne sont des sujets qu’en vertu des rögles admises entre les
Etats“ (?).
18 Vgl. die interessanten Bemerkungen bei TrırrzL, Völkerrecht und
Landesrecht 1899 S. 18#.
ı* Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht 1895 Bd. I S. 47 ff.