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wohl kaum eine besondere Beweiskraft haben. Das erste
Argument ist, wie v. Bar*‘ bewiesen hat, bloss das Produkt
eines Missverständnisses; der Aphorismus par in parem non
habet potestatem bezieht sich ausschliesslich auf das Feudalrecht
und speziell auf die Kriminaljurisdiktion. Zudem vergreift sich
ja das Ortsgericht, indem es den fremden Fiskus als Beklagten
heranzieht, nicht im geringsten an der Souveränität des fremden
Staates, da die Funktionen des Fiskus ihrer Natur nach sich voll-
kommen von den Funktionen des Staates als eines politischen
Organismus unterscheiden.
Was das zweite Argument betrifft, so kann es wohl kaum
irgendwelche juristische Bedeutung haben und stützt sich aus-
schliesslich auf politische Bedenken. Es bleibt also bloss das
dritte — die faktische Unmöglichkeit, gegen fremde Staaten ge-
richtete Urteile zu vollziehen. Vom praktischen Standpunkte aus
kann diesem Argument eine gewisse Bedeutung nicht abgesprochen
werden: es ist in der That nutzlos, Gesetze zu erlassen, wenn
man nicht die Möglichkeit besitzt, sie anzuwenden; und eine
fremde Regierung zu einer bestimmten Handlung zu zwingen, ist
meistens faktisch unmöglich. Indessen darf man nicht ausser
Acht lassen, dass von seiten des beklagten Staates die Nicht-
erfüllung eines gegen ihn gerichteten Urteils nicht nur eine poli-
tische Taktlosigkeit, sondern auch eine wahre laesio iuris ist,
die im Notfalle höchst unliebsame Folgen in Form von Repres-
salien u. s. w. nach sich ziehen kann, so dass auch dieses Argu-
ment in den Augen des Juristen wohl kaum eine ausschlaggebende
Bedeutung, zumal für die prinzipielle Konstruktion der Frage,
haben kann.
Die Unhaltbarkeit dieser Beweisführung ist indessen schon
längst in der Litteratur erkannt worden, und man kann eine
ganze Reihe von Schriftstellern nennen, welche die Lehre von der
4 Theorie und Praxis des internationalen Privatrechts Bd. II S. 680ff.
Archiv für öffentliches Recht. XVI. 4. 39