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Vorstellung zu Grunde, dass das Territorium Objekt der staat-
lichen Herrschaft ist. Dementsprechend wird das Servitut als
ius in re (territorio) aliena konstruiert. Inwieweit diese Ansicht
an und für sich richtig ist, hatten wir schon Gelegenheit zu be-
merken. Vom Standpunkte des modernen öffentlichen Rechts
herrscht der Staat nicht über das Territorium, sondern in den
Grenzen desselben. Deshalb muss auch das Servitut in der
Sphäre der völkerrechtlichen Verhältnisse als ein absoluter juri-
stischer Nonsens angesehen werden, denn eine sachliche Be-
schränkung ist nur da denkbar, wo ein sachliches Recht vor-
handen ist. Indessen, wie schon mehrfach bemerkt, handelt der
Staat in der Sphäre der völkerrechtlichen Beziehungen nicht
bloss in der Rolle eines Trägers des imperium, sondern auch
als ein Subjekt von privaten Vermögensrechten. Als solches
kann der Staat wohl einer fremden Regierung irgend ein Stück
Land verkaufen, sowie auch einige andere Rechte, als da sind
usus, usu fructus u. s. w., abtreten. In diesen Fällen entsteht
zweifelsohne ein gegenüber einem fremden Staate errichtetes Servi-
tut. Von diesem Standpunkte kann man dann unserer Meinung
nach von völkerrechtlichen Servituten reden, muss aber dabei
stets im Auge behalten, dass die gegenseitigen rechtlichen Ver-
hältnisse hierbei nicht von dem internationalen, sondern vom
inneren Recht rei sitae geregelt werden.
Um unseren Gedanken deutlicher zu machen, erlauben wir
uns einige Beispiele anzuführen.
Der Staat A erwirbt durch Kauf irgend ein im Staate B
gelegenes Gebäude; dabei kann es leicht vorkommen, dass auf
diesem Gebäude irgend ein Servitut, z. B. non altius tollendi,
das Recht des Durchgangs u. s. w. lastet, anderseits kann ein
ebensolches Servitut zu seinen Gunsten auf irgend einem Nachbar-
gebäude oder Grundstück existieren. Hier hängt alles von dem
Ortsgesetz ab, ob dasselbe in solchen Fällen iura in re aliena
zulässt oder nicht.