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abtheilungen nicht Gesetzentwürfe vorlegten, für welche das Ministerium in
seiner Gesammtheit die Verantwortlichkeit nicht übernehmen konnte und die
in Bezug auf Fassung an allerlei Mängeln litten, unter Umständen auch
erhebliche finanzielle Folgen hatten. So schuf man im Jahre 1869 das Amt
des Parliamentary Counsel to the treasury als eine Centralinstanz für gesetz-
geberische Maassnabmen, welche dem Schatzamte (treasury) und damit dem
regelmässig als Premierminister fungirenden First Lord of the treasury und
zugleich dem Finanzminister (Chancellor of the Exchequer), als Mitglied des
Schatzamtes, unterstellt wurde. Die Aufgabe des Parliamentary Counsel be-
steht darin, auf Anweisung des Schatzamtes Gesetzentwürfe abzufassen, bezw.
den von den anderen Abtheilungen ausgehenden Vorschlägen die richtige
Form zu geben, das Ministerium in Gasetzgebungsfragen zu berathen und
von privaten Mitgliedern des Parlaments gemachte Vorschläge zu begutachten.
Das Amt ist ausser dem Vorstand besetzt mit dem Assistant Parliamentary
Counsel und dem erforderlichen Büreaupersonal. Es stehen ihm jährlich
&% 1500 zur Heranziehung von rechtsgelehrten Hülfsarbeitern zu Gebote.
Die Gehälter der beiden Counsels (® 2500 bezw. & 2000) entsprechen der
Munifizenz, mit der in England, dem klassischen Boden des Rechtsstaates,
die der Rechtspflege dienenden Beamten honorirt zu werden pflegen, und
gewährleisten das Angebot von juristischen Kräften ersten Ranges. Ebenfalls
im Jahre 1869 wurde in Indien die Gesetzgebungsabtheilung der Regierung
(legislative department of the Government of India) mit dem Law Member
of the Governor-Generals Council an der Spitze eingeführt mit analogen
Funktionen, wie die des Parliamentary Counsel in England. Auf die vom
Verf. geschilderten Einzelheiten der Thätigkeit beider Aemter, die darin
bisher geleistete Arbeit und die erzielten Erfolge, wie auch auf den weiteren
Inhalt des Buches näher einzugehen, würde hier zu weit führen. Das Gesagte
wird aber genügen, um darzuthun, wie sehr der Verf. auf Grund einer der-
artigen amtlichen Thätigkeit kompetent ist, das Thema seines Buches zu be-
handeln. Auf dem Kontinente dürfte zu einer ähnlichen langjährigen, aus-
schliesslichen und vor Allem praktischen Beschäftigung mit Fragen der
Gesetzestechnik kaum Gelegenheit geboten sein. Zwar hat auch das Reichs-
Justizamt die Aufgabe, die in das Gebiet der Rechtspflege einschlagenden
Gesetzentwürfe vorzubereiten und andere Gesetzentwürfe nach Bedarf vom
juristischen Standpunkte aus zu begutachten, und hat bekanntlich, besonders
für die kodifizirende Gesetzgebung, ganz Hervorragendes geleistet. Dasselbe
ist aber zugleich eine centrale Verwaltungsbehörde, die in Vertretung des
Reichskanzlers politische Obliegenheiten zu erfüllen hat, und es erscheint
daher ausgeschlossen, dass ihr Vorstand oder auch nur einzelne Räthe in der
Lage sind, sich so intensiv und dauernd mit der formellen Gestaltung der
Reichsgesetzgebung und ihrer beständigen Vervollkommnung in technischer
Hinsicht zu befassen, wie es im Interesse einer leichten und sicheren Hand-
habung des Rechts zu wünschen wäre. Ob sich eine der englischen analoge