Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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Der Verf. beginnt seine lehrreichen Ausführungen mit einer Darstellung 
der spezifischen Schwierigkeiten der internationalrechtlichen Beurtheilung 
juristischer Personen. Diese Schwierigkeiten bestehen nach der Ansicht des 
Verf. zunächst darin, dass bei den juristischen Personen nothwendiger Weise 
Rechtssubjekt und Willenssubjekt auseinanderfallen müssen, mit anderen 
Worten, dass das Rechtssubjekt von der Person oder der Personenmehrheit, 
welche für die juristische Person Rechtshandlungen vornimmt, zu unter- 
scheiden ist; weiters liegen aber die Schwierigkeiten in der ausserordentlich 
grossen Mannigfaltigkeit der juristischen Personen, welche wieder in der 
Verschiedenheit der religiösen, wirthschaftlichen und sozialen Verhältnisse 
und Zwecke, auf denen die juristischen Personen beruhen, ihren Grund hat. 
Die „Nationalität* der juristischen Personen des Privatrechts wird, wie 
MAMELOoK entsprechend der herrschenden Lehre ausführt, in der Regel durch 
ihren Sitz bestimmt. Eine etwaige Genehmigung oder sonstige Mitwirkung 
einer Behörde eines Staates kann für sich allein nicht genügen und ent- 
scheidend sein. Der Verf. verweist mit Recht in dieser Hinsicht auf $ 80 
B. @.-B. für das Deutsche Reich. Nach dieser Gesetzesstelle ist die Ge- 
nehmigung des Bundesrathes erforderlich, wenn eine Stiftung ihren Sitz nicht 
in einem Bundesstaate haben soll. Vorausgesetzt ist hier, dass die Stiftung 
auf einem im Inlande errichteten Stiftungsgeschäft beruhe. Als Sitz einer 
juristischen Person gilt derjenige Ort, der im Statut als solcher bezeichnet 
ist, Mangels einer ausdrücklichen Festsetzung der Ort, wo die Verwaltung 
geführt wird (vgl. $ 19 deutsch. C.-P.-O., $ 75 österr. Jurisdiktionsnorm, 
85 24, 80 B. G.-B. für das Deutsche Reich. Auch MAMELoK spricht 
von einem internationalen Gewohnheitsrechte, welches dahin geht, dass in 
den meisten Kulturstaaten fremde juristische Personen prinzipiell, abgesehen 
von ausdrücklichen einschränkenden Bestimmungen, Anerkennung als selb- 
ständige Rechtssubjekte geniessen. Doch handelt es sich nach der Ansicht 
MAMELOK’s nicht um „gemeines“ Recht, sondern um „gemeinsames“ Recht, 
das in jedem Staat bezüglich seines Ursprungs und seines Geltungsumfangs als 
internes Recht anzusehen ist. Der Verf. verweist insbesondere auf die Modi- 
fikationen, welche dieses Gewohnheitsrecht durch das neue Bürgerliche Ge- 
setzbuch für das Deutsche Reich erleidet (Art. 10 Einf.-G. z. B. G.-B. und 
$S$ 23 und 80 B. G.-B.). 
In einem besonderen Kapitel erörtert der Verf. die Bedeutung der 
Staatsverträge, der in Staatsverträgen vorkommenden Klauseln, namentlich 
der Meistbegünstigungsklausel (S. 41ff.). Der Verf. bespricht hier die be- 
kannte Kontroverse, welche sich an Art. 11 des Frankfurter Friedens- 
vertrages vom 10. Mai 1871 geknüpft hat. Der Verf. billigt mit Recht 
die Entscheidung des französischen Kassationshofes vom 14. Mai 1895, 
welche ausgesprochen hat, dass aus der Meistbegünstigungsklausel des 
Art. 11 in Verbindung mit den anderen Staaten von Frankreich bezüg- 
lich ihrer Gesellschaften gemachten Zugeständnissen die rechtliche Exi- 
Archiv für öffentliches Recht. XVI. 4. 40
	        
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