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dem Civilrecht unzugänglich gemacht werden soll. Und das lässt
sich eben nur durch Civilreehtssätze bewirken. Man erhält sie
theils ausdrücklich durch die bisherige Landesgesetzgebung, theils
weiss man sie durch Gewohnheitsrecht oder irgend welche Kon-
struktionen heranzuziehen, Immer sind es Civilrechtssätze ’?,
Wenn man die Gefahr merkt, wird man durch allerlei Wendungen
um diese Thatsache herum zu kommen suchen. Bisher schon ist
es ein sehr beliebter Ausdruck, zu sagen: die öffentliche Sache
stehe in Privateigenthum, dieses sei nur eigenartig beschränkt
zu Gunsten eines bestimmten öffentlichen Zweckes, zu Gunsten
des Gemeingebrauchs®°, Dieser, wird man jetzt mehr und mehr
19 ÜBBELOHDE, Kommentar zu Buch 43 S. 63ff. sucht die „Extra-
kommerzialität“ der res publicae in publico usu auf folgende Weise begreif-
lich zu machen. Die entsprechenden Bedürfnisse des Gemeinwesens sind
dauernde. „Wie ungehörig folglich“, wenn Geschäfte vorgenonimen werden
zum Zweck, die Sache der Bestimmung dafür zu entziehen! geradezu contra
bonos mores kann das sein. Daher römisches Gewohnheitsrecht, welches
solche Geschäfte für nichtig erklärt (S. 64). Daraus folgt von selbst, dass
diese Sachen auch nicht verpfändbar und nicht Gegenstand der Zwangsvoll-
streckung sind (S. 71). Endlich hat das römische Recht das noch ergänzt
durch die „positivrechtliche Bestimmung, dass die ordentliche Ersitzung an
heiligen, geweihten, öffentlichen Sachen und an freien Menschen nicht statt-
finde“ (S. 75). — Den Ausschluss der Ersitzung kann man übrigens ein-
facher auch so begründen, dass man den erforderlichen guten Glauben
hier grundsätzlich für unmöglich erklärt. Oberlandesgericht Braunschweig
21. Okt. 1892 (Eeer, Eisenbahnrechtl. Entsch. Bd. XI S. 6): Ersitzung eines
Wegerechts über den Eisenbahndamm wird verworfen; „wo ein gewichtiges
öffentliches Interesse, wie das eines gesicherten Eisenbahnverkehrs sich
geltend macht, lässt sich nicht annehmen, dass die Meinung entstehen konnte,
ein Privatrecht auszuüben“.
2° BEKkkeR, System Bd. I S. 336; ReGELSBERGER, Pand. Bd. I S. 4%6.
Die Beschränkung wird hier erklärt als eine Wirkung der Belastung mit dem
Gemeipgebrauch ; dieser Belastung entspricht aber kein berechtigtes Subjekt,
es ist eine „objektive Gebundenheit* des Privateigenthums. — Beide Ge-
lehrte sind nicht in der staatsrechtlichen Fiskustheorie befangen. Nun haben
sie den Staat als Eigenthümer der Strasse, sehen im Gemeingebrauch, dem
diese zu dienen besimmt ist, eine Beschränkung des Eigenthums daran,
und da fehlt ihnen natürlich das Subjekt dafür. Die Fiskustheorie würde