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Dem Civilrecht sind die Sachen ebenso formal gleich wie die
Rechtssubjekte; es nimmt keine Rücksicht auf ihren Zweck.
So gut es im Geiste des Oberlandesgerichts Kolmar eine inter-
nationale Eisenbahnlinie durch Verurtheilung zur Herausgabe
eines ehemaligen Krautackers zerreissen liesse, würde es auch
dem Nachbar eines Festungswerkes den Anspruch auf einen
Nothweg über dieses einräumen oder es mit einer unantastbaren
servitus altius non tollendi belasten. Das Recht der öffentlichen
Sache bedeutet dem gegenüber gerade die unbedingte Wahrung
des Zweckes gegenüber allen möglichen Beeinträchtigungen im
Wege Rechtens und die ausschliessliche Zulassung nur solcher
Rechte daran, die nach dem Ermessen der zur Hütung dieses
Zweckes bestimmten Behörde mit demselben vereinbar und die
überdies an die Bedingung gebunden sind, dass sie das auch
dauernd bleiben.
Der Sache wird damit eine rechtliche Ausnahmestellung ein-
geräumt. Denn von Natur sind alle Sachen bestimmt, dem
Civilrecht zugänglich zu bleiben. Damit der Zweck diesen Kraft-
aufwand rechtfertigt, muss er an sich selber wichtig genug sein
und zugleich empfindlich genug gegen die Störung, die dadurch
fern gehalten werden soll, abhängig also von dem unentziehbaren
Bestand der Sache, die ihm dient.
Darauf sind die verschiedenen Arten von Zwecken zu prüfen,
zu welchen die Sache dem Staate dienen kann°®.
Unzureichend ist von vornherein der Finanzzweck. Die
Sache, die für den Staat nur mit ihrem Vermögenswerth und als
Erzeugungsmittel von Vermögenswerthen in Betracht kommt,
muss sich mit dem Schutze begnügen, den solche Werthe durch
das Oivilrecht erhalten. Ihr Bestand im Einzelnen ist nicht
wichtig genug, um ihre ganze Rechtsordnung auf die Erhaltung
3° Nur um unbewegliche Sachen handelt es sich: vilis mobilium pos-
sessio. Warum es auf Fahrniss nicht ankommen kann, ergiebt sich im
Weiteren von selbst.
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