Full text: Archiv für öffentliches Recht.Sechzehnter Band. (16)

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wohl auch angesichts der abweisenden Haltung, die jeder Staat 
gegenüber der Einwanderung von Fremden annahm und anderer- 
seits angesichts der überall bestehenden Auswanderungsbeschrän- 
kungen bis zu Anfang dieses Jahrhunderts die Regel. Die Frage, 
ob für den Erwerb der Staatsangehörigkeit die Thatsache der 
Abstammung von einem Inländer oder die Thatsache der Geburt 
im Inlande als Anknüpfungspunkt vorzuziehen sei, hatte unter 
diesen Umständen wenig praktische Bedeutung. Erst mit der 
zunehmenden Anerkennung der Grundsätze der Freizügigkeit und 
der Auswanderungsfreiheit auch im internationalen Verkehr ver- 
langte die Frage gebieterisch nach einer Lösung. 
Die modernen Gesetzgebungen über die Staatsangehörigkeit 
nehmen fast ausnahmslos den Grundsatz zum Ausgangspunkt, 
dass für den Erwerb der Staatsangehörigkeit die Abstammung 
entscheidet. Das erwachende Selbstgefühl des Volkes, das seit 
den Tagen der französischen Revolution das gesammte öffent- 
liche Leben im Inneren der Staaten, wie im internationalen Ver- 
kehr so mächtig beeinflusst hatte, war auch auf dem Gebiete der 
Staatsangehörigkeitsgesetzgebung nicht ohne Wirkung geblieben: 
es ist klar, dass ein Volk, das sich der Blutsverwandtschaft 
seiner Angehörigen bewusst ist, der Blutsverwandtschaft, der 
Thatsache der Abstammung als Anknüpfungspunkt für den Erwerb 
der Staatsangehörigkeit den Vorzug vor dem Geburtsorte geben 
muss. Die ausnahmslose Durchführung dieses Grundsatzes im 
Zusammenhang mit der zunehmenden Ein- und Auswanderung 
führte aber bald zu einem wachsenden Missverhältnisse zwischen 
den Staatsangehörigen und den im Inlande dauernd nieder- 
gelassenen Fremden. Die Gesetzgebung sann daher allenthalben 
auf Mittel und Wege, wie der natürliche Zusammenhang zwischen 
Staatsangehörigkeit und Wohnsitz im Staate wieder herzu- 
stellen sei, 
‚Der Zweck der folgenden Abhandlung ist der, die gesetz- 
geberischen Versuche darzustellen, die bisher gemacht worden
	        
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