Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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Kultur und Ausdehnung des Verbandes mehr und mehr aus- 
bildet. „Darin zeigt sich der Rechtsorganismus dem natürlichen 
Organismus durchaus gleich, dass er eine stete Ausbildung auf- 
weist. Freilich beruht, namentlich im modernen Staate, vieles 
auf freier Gestaltung und Erfindung. Aber dennoch kann man 
nicht von einem KRechtsmechanismus statt Rechtsorganismus 
sprechen. Der Mechanismus ist im Gegensatz zum Organismus 
Kunst, während der staatliche Organismus in menschlichen Trieben 
seine Ursache findet. Der Mechanismus ist wohl erweiterungs-, 
nicht aber anpassungsfähig und namentlich auch nicht aufsaugungs- 
fähig. Der Mechanismus steht bei der geringsten Störung, und 
zwar bei Störung an ganz unbedeutenden Bestandteilen, vollkommen 
still und kann erst nach Reparatur, gestützt auf den gegebenen 
Plan, wieder funktionsfähig gemacht werden; der Mechanismus 
nützt sich ab und muss von Zeit zu Zeit ersetzt werden. Der 
Rechtsorganismus gleicht darin dem natürlichen Organismus, 
dass auch starke Störungen, ja die vollständige Erlahmung von 
Organen, plötzliche Erschütterungen und starke Eingriffe nur 
vorübergehende Verwicklungen und krankhafte Zustände, nicht 
aber eine totale Lahmlegung, einen Stillstand der Funktions- 
thätigkeit im Gefolge haben. 
Wir haben die Inkraftsetzung der Organisation als Willens- 
akt bezeichnet. Der Wille geht dabei naturgemäss dem Akte 
voraus. Der Wille ist ein Rechtssetzungswille, und mit Einsetzung 
der Organisation haben wir gesetztes, positives Recht. Die Aus- 
bildung des staatlichen Rechts zeigt die gleiche Erscheinung; 
der Wille geht auf Neuerung und Erweiterung des Rechts, und 
sobald dieser Wille durchgeführt ist, haben wir positives Recht. 
Dabei ergiebt es sich, dass der Inhalt des gesetzten, positiven 
Rechts bereits vorhanden ist in den Vorstellungen, welche den 
rechtssetzenden Willen begleitet haben. Diese Vorstellungen, 
welche im modernen Staatsleben in sog. Entwürfen zu Tage 
treten, sind aber nach herrschender Auffassung das Recht noch 
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