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führung des Vorgestellten. Die politischen Ansichten auch von
Revolutionären werden zum Rechte, sobald die Revolution Er-
folg hat und das Neugeschaffene gesichert ist. Die Frage der
Legitimität des Rechts berührt also das staatliche Recht als
solches nicht, sondern ist eine geschichtliche.
Wann gilt das Recht, wann erscheint seine Durchführung
als gesichert? Wenn bei einer plötzlichen Umwälzung das staat-
liche Recht verändert wird, diese Veränderung aber bereits den
Keim der Ohnmacht, die sicheren Anzeichen einer bloss vorüber-
gehenden Evolution in sich trägt, so können wir nicht von einer
Sicherung der Durchführung sprechen. Andererseits wird in
einem geordneten Staatswesen ein Rechtsinhalt nicht erst zum
Rechte, wenn die Durchführung thatsächlich beginnt, sondern
schon dann, wenn das Gesetz erlassen wird. Die Sicherung der
Durchführung, welche das Kennzeichen des Rechts, der Positivi-
tät desselben ist, beruht auf dem Willen der Organe und zwar
vornehmlich der unteren Organe. Helfen diese zur Durchführung
des Rechts, so ist die Anwendung nach dem gewöhnlichen Gange
der Dinge gesichert. Der Wille dieser Organe, dem Rechte zur
Durchführung zu verhelfen, ist regelmässig Ausfluss des Pflicht-
gefühls. Es ist in der Natur des Menschen begründet, dass durch
die Annahme der Berufung zu einer bestimmten Thätigkeit ein
moralisches Gefühl der Pflicht entsteht, eine Gewissenspflicht
empfunden wird, die Thätigkeit, zu der man berufen wird, zu
erfüllen. Neben dem Pflichtgefühle wirkt das Gefühl der Lust
an Vorteilen und das der Furcht vor Nachteilen. Wenn die
staatlichen Organe das Recht pflichtgemäss durchführen, so
ist die Anwendung gesichert; denn die grosse Masse verhält
sich in der Regel indifferent und organisiert sich, auch wenn sie
mit etwas nicht einverstanden ist, schwer zum offenen Wider-
stande #,
* Vgl. A. AFFOLTER, Grundzüge des allgemeinen Staatsrechts $. 22, 23,
Die Geltung des staatlichen Rechts ist bedingt durch die Organisation; ohne