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und die Rechtsverhältnisse fassen die Leute zusammen und bil-
den das Bleibende der Staatssubstanz. Es treten zwar stets
Menschen (durch Tod, Auswanderungen u. s. w.) aus der Rechts-
organisation und aus den Verhältnissen, und es treten stets
Menschen (durch Geburt, Einwanderung, Wahl u. s. w.) in die
Verhältnisse und die Rechtsorganisation ein; allein es bleiben
die Verhältnisse und der Organismus selbst im Wesen durch
jene Wandlungen unberührt; sie schliessen sich nur bald enger,
bald weiter. Die Organe sind trotz dem Wechsel der Menschen,
welche die Organe ausfüllen, etwas Bleibendes; denn das Organ
ist etwas vom Rechte (seschaffenes und bleibt solange, als das
Recht es bestehen lässt. Das Bleibende der Rechtsverhältnisse
und des Organismus ist freilich nur relativ zu nehmen. In jedem
Staate ändert sich das Recht im Sinne einer fortschrittlichen
‚Entwicklung; aber diese Aenderung ist (abgesehen von Revo-
lutionen) wieder eine aus sich selbst sich entwickelnde. Es ver-
hält sich damit ähnlich wie mit dem natürlichen Organismus;
auch hier findet eine stete Entwicklung bezw. Ausbildung statt
und wir sehen trotzdem den Organismus stets als den näm-
lichen an.
Wir haben bis anhin von Organen gesprochen. Die Organ-
schaffung ist eine Eigentümlichkeit des Rechts. Das Recht be-
stimmt, dass derjenige Mensch, der nach genau vorgeschriebenen
Regeln individualisiert oder spezialisiert wird, die Eigenschaft
habe, in der durch das Recht normierten Weise einen rechtlich
relevanten Willen zu äussern. Dieser spezialisierte Mensch er-
hält also eine Eigenschaft, und diese Eigenschaft hat einen be-
stimmten Namen, z. B. König-, Richter-, Heerführerschaft u. s. w.
Der Mensch mit dieser Eigenschaft hat ebenfalls einen be-
stimmten Namen: König, Richter, Heerführer u. s. w. Die Mög-
lichkeit der Spezialisierung und der Verleihung der Eigenschaft
ist eine immerwährende, d. h. eine so lange währende, als das
bezügliche staatliche Recht währt. Die Eigenschaft hat deshalb