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sich in ausreichendem Masse beibringen. Aus der Thatsache, dass, wie noch
heute in England, die objektive Rechtsordnung als subjektives Recht des
freien Mannes galt, entsteht beim Verf. der schiefe Gedanke, dass überhaupt
nur subjektive Rechte in Frage kämen. Hätte Verf. mehr positiven Stoff
gesammelt und sich dann erst an die Arbeit gemacht, so wären deren Er-
gebnisse vielleicht befriedigender geworden.
Berlin. Conrad Bornhak.
Karl Victor Fricker, Gebiet und Gebietshoheit. Tübingen, bei Laupp,
1901. 112S. M.3.
Nachdem die Patrimonialtheorie der modernen Lehre vom Wesen des
Staates hatte weichen müssen, stellte sich allmählich auch das Bedürfnis
ein, in einer der letzteren entsprechenden Weise die Bedeutung des Gebietes
und der Gebietshoheit für den Staat einer Klarlegung entgegenzuführen.
Den ersten Anlauf hierzu hatte, durch Beanstandung der früher allgemein
verbreiteten privatrechtlichen Konstruktion des Verhältnisses, v. GERBER
in seinen „Örundzügen eines Systems des deutschen Staatsrechts“, besonders
aber in seiner Abhandlung „über die Teilbarkeit deutscher Staatsgebiete“,
in Areıpr's Zeitschrift für deutsches Staatsrecht und deutsche Verfassungs-
geschichte Bd. I S. 16, genommen; er ist aber dabei auf halbem Wege
stehen geblieben. Obwohl er richtig das Gebiet als „das körperliche Funda-
ment des Staates, die örtliche Basis seiner Existenz“ kennzeichnete, konnte
auch er sich von dem Gedanken, dass das „Staatsgebiet das sachliche Ob-
jekt der Staatsherrschaft“ sei, dem der „Staat als berechtigtes Subjekt“
gegenüberstehe, nicht losmachen.
Die konsequente Durchführung einer von der bisherigen grundsätzlich
abweichenden Anschauungsweise hat zuerst FRICKER in einer 1867 verfassten,
nicht im Buchhandel erschienenen Tübinger akademischen Festschrift „Vom
Staatsgebiet“ versucht. Er setzte der „Objektstheorie“ eine „Raumtheorie“
entgegen, d.h. die Aufstellung, der Staat habe kein Recht am Gebiet, son-
dern lediglich im Gebiet, das Gebiet sei der Raum der staatlichen Herr-
schaft, ein Bestandteil des Staatswesens, ein Moment im Wesen des Staates,
nicht aber ein Gegenstand seiner Beherrschung. Diese Lehre bat warme
Freunde und entschiedene Gegner gefunden. Um die Angriffe der letzteren
zu widerlegen und die Zahl der ersteren zu vermehren, hat nun FRIcKER für
die Festschrift zu ALBERT ScHÄFFLE’s 70. Geburtstag einen, auch in beson-
derer Ausgabe erschienenen Beitrag „Gebiet und Gebietshoheit“ geschrieben,
in welchem er mit jugendlicher Frische die Grundgedanken seiner früheren
Arbeit ausführlicher, klarer und, wir dürfen wohl auch sagen, noch aus-
gereifter darlegt.