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in korrespondierender Beziehung (Korrelate) und können sich darum
nicht selbständig gegenübergestellt werden. Verbrecherisches
Handeln ist nicht möglich ohne Strafe, Strafe nicht ohne ge-
gebenes Verbrechen. Bınpına beging den Fehler, namentlich die
Verhaltungspflicht rein objektiv aufzufassen, den aus dem Rechts-
satz gewonnenen moralischen Grundsatz und den Gedanken der
Prävention des Gesetzgebers mit einem Teil des Rechtssatzes zu
identifizieren. Wir begreifen, dass ihm die Konstruktion der
Normen oft sehr viel Mühe gemacht hat.
Wie tritt nun Bınping selbst den Angriffen auf seine Theorie
entgegen? Wenn behauptet wird, die Normen bildeten keine be-
sondere geschlossene Art von Rechtssätzen gegenüber den „Straf-
gesetzen“, glaubt Bınpına?° sich mit dem Hinweis auf die grosse
Verschiedenheit des Zweckes von Norm und Strafrecht im posi-
tiven Recht begnügen zu können. Aus der Norm erfahre nämlich
der Monarch und der Gesetzesunterthan, wie weit die höchst
persönlich zu erfüllende Rechtspflicht in sein Leben eingreife
(Gehorsamsrecht des Staates und Botmässigkeitspflicht des
Normgebundenen). Zweck der Norm sei die Prävention von
Rechtsverletzungen. Die Norm sei absolutes, an alle gerichtetes
Recht. Das Strafgesetz hingegen finde erst in dem Gedanken
der Pflichtverletzung seinen Ursprung, sei wie alle Sätze des
Ziwangsrechts accessorischer Natur und begründe weder ein Ge-
horsamsrecht noch eine Unterthanenpflicht. — Nun ist eine Kritik
nach dem Zweck in der Regel eine bloss oberflächliche, willkür-
liche, hier jedoch geradezu verfehlt, da die verschiedenen Zwecke
aus einer bestrittenen Zweiteilung des Strafgesetzes abstrahiert
sind. Die Unhaltbarkeit accessorischer Zwangsrechte ist später
nachzuweisen ’?!.
2° Binnıma ob. 9. 5ö5ff.
®! Es mag bemerkt werden, dass schon KELLER (Von KELLER, Pan-
dekten, Leipzig 1861, $ 249) den Schadensersatz auf die Verletzung einer
allgemeinen Bürgerpflicht zu begründen suchte, bei Beschädigungen inner-